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General v. Rochow an Bismarck.
S. Petersburg, den 1. November 1851.
Sehr geehrter Herr und Freund!
Mit vielem Danke habe ich Ihr geistreiches, höchst inter-
essantes und ausführliches Schreiben vom 18.—21. v. M.) er-
halten und vermag Ihnen nicht zu schildern, welche große Freude
mir dasselbe bereitet. Es war mir in der That ein großer Genuß,
von Ihnen und Ihrer Wirksamkeit zu hören, ich sehe aber leider,
daß noch gar Manches beim Alten ist, und wenn Sie unver-
drossener Kämpe frische Kraft an die Stelle eines alten ver-
dorrten Stammes gesetzt haben, so werden Sie doch immer
mehr inne werden, daß die lederne Tretmühle in der Eschen-
heimer Gasse schwer in Bewegung zu setzen ist. Zwischen Wien
und Berlin ist man viel übereinstimmender, als es in Frank-
furt die Repräsentanten der beiden Großmächte je sein werden,
weil dort auf das Präsidium so untergeordnete Kräfte in-
fluenciren. Es sind hauptsächlich die subalternen Einflüsse,
welche die Verhandlungen der Sachverständigen dominiren.
Fürst Schwarzenberg wird auch wohl durch Hetzereien auf-
gestachelt, besinnt sich jedoch wieder und es würde mit Oest-
reich ganz gut gehen, wenn nicht ein Prokesch-Osten in Berlin
wäre und ein Herr v. Beust nicht dazwischen hiebe. Der hat
auch in Bezug auf den Hannover-Vertrag ein faules Ei da-
zwischen gelegt. Weder Sachsen noch Bayern können den Zoll-
verein entbehren. Es kommt aber auch auf ihn gar nicht an, aber
beide stachelt die Lust und das Bedürfniß, sich politisch geltend
zu machen, besonders möchte der superkluge Herr v. Beust,
dem der sächsische Rock zu eng ist, gern die Rolle des Ver-
*) Concept nicht vorhanden.
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