Metadata: Europäischer Geschichtskalender. Zwanzigster Jahrgang. 1879. (20)

Pulgarien. (Febr. 26 — März 18.) 525 
26. Februar. Die Notabeln-Bersammlung beendet die Prü- 
fung der Vollmachten und beschließt, die Wünsche der rumelischen 
Delegirten durch eine außerparlamentarische Commission von 20 
Mitgliedern prüfen zu lassen. Von den Mitgliedern der Commission 
gehören 14 den Gemäßigten an. 
9. März. In einer außerparlamentarischen Verfammlung, 
an der aber fast alle Notabeln Theil nehmen, wird die Frage einer 
Vereinigung Süd= und Nord-Bulgariens in entscheidender Weise 
behandelt. 
Den Vorsit führt Bischof Klimentije, ein gelehrter bulgarischer Prälat, 
jowohl als kirchlicher wie auch als dramatischer Schriftsteller gleich geachtet. 
(Sein Drama „Ivanka“ gilt als das beste Product der jungbulgarischen Li- 
teratur.) Die großbulgarische Partei schickt ihre tüchtigsten Vertreter, darunter 
Marko Balabanoff, Petar Stawiloff, Kiriak Zankoff, Stepan Panoff u. f. w. 
ins Nede-Treffen, welches sich um so hitziger gestaltet, als auch die Gegen 
artei, „die Opportunitätsmänner“, wie man dieselbe bis jeßt t bu 
besten Kräfte vorschiebt. Balabanoff hält eine zündende Rede, so daß e 
einen Moment lang den Anschein gewinnt, dieser überzeugungstrene Fers 
träger des Panbulgarismus werde den vollen Sieg davontragen. „Enropa“, 
sagt er, „besteht nicht bloß ans Diplomaten, die alles dem erbarmungslosen 
Calcül unterordnen; es besiht auch warmfühlende Menschen, es zählt Millio- 
nen edler Freiheilsfreunde. Europa hat nicht nur einen Kopf, es besitzt 
auch ein großes Herz; dieses kann und wird uns nicht verurtheilen, wenn 
wir den durch den Congreß der Tyrannei überlieferten Brüdern die Freiheit 
und eine menschenwürdige Existenz geben wollen. Wir sind in einer schwie- 
rigen Lage, sagt ihr, aber wodurch wird eine solche bewältigt? Durch hoch- 
herzige Cutschküsse, durch eine ühne, zu dieser fordert euch das pa- 
triotische Pflichtgefühl auf!.." e Worite rufen unter den Anwefenden, 
selbst unter den Gemäßigten, sänen biefen Eindruck hervor. Da erhebt sich 
Meletije, der M lit von Sofia, und entrollt ein Bild jener #bllosen 
Gefahren, welche durch einen unbedachten Schritt heraufbeich woren werden 
könnten, der zur Untergrabung der Fundamente des von Enron geschaffenen 
Fürstenthums führen müßte. Er spricht ruhig, aber mit scharfer Logik, die 
alle gegnerischen Argumente über den Haufen wirft. Nach einer vierstün- 
digen Debatte einigt man sich dahin, zwar den anwesenden Repräsentanten 
der Mächte eine Petition mit dem Wunsche nach nationaler Einigung zu 
überreichen, zugleich aber daran festzuhalten, daß die Notabeluversammlung 
als solche nur zwei Aufgaben zu osen habe: die Berathung des organischen 
Staluts und die Wahl eines Fürsten. 
— März. Der türkische Bevollmächtigte, Pertew Effendi, 
übergibt dem russischen Generalgouverneur einen Protest gegen einige 
Punkte des von ihm der Notabelnversammlung vorgelegten Ver- 
fassungsentwurfs, namentlich die Erblichkeit des Fürsten und das 
Recht desselben, internationale Verträge abzuschließen. 
18. März. Notabeln-Versammlung: genehmigt die Antworts- 
Adresse auf die Eröffnungsrede des Fürsten Dondukoff und beginnt 
darauf die Berathung des Verfassungsstatuts. 
  
  
  
  
  
  
 
	        
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