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22.
Bismarck an Otto v. Manteuffel.
(Ohne Datum.)“)
Ew. Excellenz
geehrtes Schreiben mit der Einlage von Herrn von Schele 185n
habe ich gestern über Köln erhalten.
Der ehemalige Oldenburgische Staatsrath Dr. Fischer,
welcher Eurer Excellenz als Verfasser mehrer politischer Schrif-
ten bekannt sein dürfte, lebt jetzt hier und beschäftigt sich unter
Anderen mit Bearbeitung von Eingaben für die Rechte der
Standesherrn. Theils hierdurch, theils durch andre ältere Be-
ziehungen ist er in Verbindung mit mehren Mitgliedern der
altconservativen Parthei in Oestreich getreten, namentlich mit
dem Fürsten Windischgrätz und dem Grafen Wurmbrandt, von
welchen beiden er Briefe vorlegte. Er betrachtet den Fürsten
Windischgrätz als das Haupt der genannten Parthei in Oestreich
und als den Candidaten derselben für die Nachfolge des Fürsten
Schwarzenberg. Unzweifelhaft dürfte es sein, daß der Fürst
Windischgrätz sich eines großen Ansehns bei allen conservativen
Gegnern des jetzigen Oestreichischen Premier-Ministers erfreut,
und aus guten Quellen höre ich, daß die Verbindungen des
Fürsten mit dem Kaiser durch Vermittelung der Erzherzogin
Sophie lebhafter sind als früher. In einem der Schreiben,
die mir der Staatsrath Fischer zeigte, hebt der Fürst Windisch-
grätz das Bedürfniß der Verständigung mit Preußen besonders
hervor, und Herr Fischer ergänzte dazu mündlich, daß seinen
Nachrichten zufolge die ungeschickte Rücksichtslosigkeit in Be-
*) Die ungefähre Datirung ergiebt sich aus dem Briefe H. Fischers
an Bismarck vom 24. Februar 1852, dem eine auf die Vertheidigungs-
schrift des Fürsten Windischgrätz bezügliche Denkschrift beigelegt war,
Bismarck-Jahrbuch V, 159 ff.