Full text: Gedanken und Erinnerungen. Neue Ausgabe. Erster Band. (1)

Bismarck's Rede vom 3. December 1850. 83 
  
freunde einen trüben Blick in unfre Zukunft gewähren. Der 
Mangel an Einigkeit in den Kreisen, die ich andeutete, wird 
in dem Adreßentwurfe locker verdeckt durch große Worte, bei 
denen sich Jeder das Seine denkt. Von dem Vertraun, das 
das Land beseelt, von dem hingebenden Vertraun, gegründet 
auf die Anhänglichkeit an Seine Moajestät den König, gegründet 
auf die Erfahrung, daß das Land mit dem Ministerium, welches 
ihm zwei Jahre lang vorsteht, gut gefahren ist, habe ich in 
der Adresse und in ihren Amendements nichts gespürt. Ich 
hätte dies um so nöthiger gefunden, als es mir Bedürfniß 
schien, daß der Eindruck, den die einmüthige Erhebung des 
Landes in Europa gemacht hat, gehoben und gekräftigt werde 
durch die Einheit derer, die nicht der Wehrkraft angehören, in 
dem Augenblicke, wo uns unfre Nachbarn in Waffen gegen- 
überstehn, wo wir in Waffen nach unsern Grenzen eilen, in 
einem Augenblicke, wo ein Geist des Vertrauns selbst in solchen 
herrscht, denen er sonst nicht angebracht schien; in einem Augen- 
blicke, wo jede Frage der Adresse, welche die auswärtige Politik 
berührt, Krieg oder Frieden in ihrem Schoße birgt; und, meine 
Herrn, welchen Krieg? Keinen Feldzug einzelner Regimenter 
nach Schleswig oder Baden, keine militärische Promenade durch 
unruhige Provinzen, sondern einen Krieg in großem Maßstabe 
gegen zwei unter den drei großen Continentalmächten, während 
die dritte beutelustig an unsern Grenzen rüstet und sehr wohl weiß, 
daß im Dome zu Köln das Kleinod zu finden ist, welches geeignet 
wäre, die französische Revolution zu schließen und die dortigen 
Machthaber zu befestigen, nämlich die französische Kaiserkrone 
Es ist leicht für einen Staatsmann, sei es in dem Cabinete 
oder in der Kammer, mit dem populären Winde in die Kriegs- 
trompete zu stoßen und sich dabei an seinem Kaminfeuer zu 
wärmen oder von dieser Tribüne donnernde Reden zu halten 
und es dem Musketier, der auf dem Schnee verblutet, zu über- 
lassen, ob sein System Sieg und Ruhm erwirbt oder nicht.
	        
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