Fünftes Kapitel.
Wochenblattspartei. Krimkrieg.
1.
Für die deutsche Sache behielt man in den dem König-
thum widerstrebenden Kreisen eine kleine Hoffnung auf Hebel-
kräfte im Sinne des Herzogs von Coburg, auf englischen und
selbst französischen Beistand, in erster Linie aber auf liberale
Sympathien des deutschen Volks. Die praktisch wirksame Be-
thätigung dieser Hoffnungen beschränkte sich auf den kleinen
Kreis der Hof-Opposition, die unter dem Namen der Fraction
Bethmann-Hollweg den Prinzen von Preußen für sich und ihre
Bestrebungen zu gewinnen suchte. Es war dies eine Fraction,
die an dem Volke garkeinen und an der damals als „Gothaer“
bezeichneten nationalliberalen Richtung geringen Anhalt hatte.
Ich habe diese Herrn nicht grade für nationaldeutsche Schwärmer
gehalten, im Gegentheil. Der einflußreiche, noch heut (1891)
lebende langjährige Adjutant des Kaisers Wilhelm, Graf Karl
von der Goltz#), der einen stets offnen Zugang für seinen
Bruder?) und dessen Freunde abgab, war ursprünglich ein
eleganter und gescheidter Garde-Offizier, Stockpreuße und Hof-
mann, der an dem außerpreußischen Deutschland nur so viel
Interesse nahm, als seine Hofstellung es mit sich brachte. Er
war ein Lebemann, Jagdreiter, sah gut aus, hatte Glück bei
Damen und wußte sich auf dem Hofparket geschickt zu be-
nehmen; aber die Politik stand bei ihm nicht in erster Linie,
1) Gest. 21. Febr. 1901 in Nizza.
2:) Graf Robert v. d. Goltz.