Auszüge aus Briefen des Generals v. Gerlach. 117
wenn England nicht bald die Augen aufgehn über die Thor-
heit des Krieges und des Bündnisses mit Frankreich
Sanssouci, den 22. Juli 1854 70.
.. Für die deutsche Diplomatie, in so weit sie jetzt von
Preußen ausgeht, öffnet sich ein glänzendes Schlachtfeld, denn
leider scheint es, daß Prokesch nicht Unrecht hat, wenn er für
seinen Kaiser die Kriegstrompete bläst. Die Wiener Nach-
richten sind gar nicht besonders, obschon ich es doch noch nicht
aufgebe, daß in der elsten Stunde Buol und der Kaiser aus-
einander gehen.. Es wäre der größeste Fehler, den man
machen könnte, wenn man den mir noch nicht ganz verständ-
lichen antifranzösischen Enthusiasmus von Baiern, Würtemberg,
Sachsen und Hannover so ungenutzt vorübergehen ließe. So-
bald man mit Oestreich im Klaren, d. h. sowie dessen west-
mächtliche Sympathien klar hervortreten, müssen die lebhaftesten
Verhandlungen mit den deutschen Mächten beginnen, und wir
müssen einen Fürstenbund schließen, ganz anders und fester als
der von Friedrich II. war
Charlottenburg, den 9. August 18547).
.. . Fl(ra) Dliavolo) ist bis jetzt ganz vernünftig, aber wie
Sie wissen, unzuverlässig. Ich glaube, daß Sie die Aufgabe
haben, nach zwei Seiten hin für den richtigen Weg zu wirken.
Einmal, daß Sie Ihrem Freunde Pfrokesch) die richtige Politik
über den Kopf wegnehmen und ihm zu verstehen geben, daß
jetzt jeder Vorwand wegfällt, Oestreich in seinen Russischen
Kriegsgelüsten nachzugehn, und dann, daß Sie den deutschen
Mächten den Weg weisen, den sie zu gehen haben. Es
ist ein eigen Unglück, daß der Aufenthalt (des Königs Friedrich
Wilhelm) in München wieder an gewisser Stelle germano-
1) Briefe 2c. S. 102.
:) Briefe 2c. S. 106.