Full text: Gedanken und Erinnerungen. Neue Ausgabe. Erster Band. (1)

4 Erstes Kapitel: Bis zum Ersten Vereinigten Landtage. 
  
einzuschlagende Richtung die Arbeit an und in dem Zollvereine 
empfohlen. Ich hatte, so lange ich in dem damaligen Alter 
an eine Beamtenlaufbahn ernstlich dachte, die diplomatische im 
Auge, auch nachdem ich von Seiten des Ministers Ancillon 
bei meiner Meldung dazu wenig Ermuthigung gefunden hatte. 
Derselbe bezeichnete nicht mir, aber hohen Kreisen gegenüber 
als Musterbild dessen, was unsrer Diplomatie fehle, den Fürsten 
Felix Lichnowski, obschon man hätte vermuthen sollen, daß diese 
Persönlichkeit, wie sie sich damals in Berlin zur Anschauung 
brachte, der anerkennenden Würdigung eines der evangelischen 
Geistlichkeit entstammenden Ministers nicht grade nahe stände. 
Der Minister hatte den Eindruck, daß die Kategorie unsres 
hausbacknen preußischen Landadels für unsre Diplomatie den 
ihm wünschenswerthen Ersatz nicht lieferte und die Mängel, 
welche er an der Gewandtheit des Personalbestandes dieses 
Dienstzweiges fand, zu decken nicht geeignet war. Dieser Ein- 
druck war nicht ganz ohne Berechtigung. Ich habe als Minister 
stets ein landsmannschaftliches Wohlwollen für eingeborne 
preußische Diplomaten gehabt, aber im dienstlichen Pflicht- 
gefühle nur selten diese Vorliebe bethätigen können, in der 
Regel nur dann, wenn die Betheiligten aus einer militärischen 
Stellung in die diplomatische übergingen. Bei den rein preußi- 
schen Civil-Diplomaten, welche der Wirkung militärischer Disci- 
plin garnicht oder unzureichend unterlegen hatten, habe ich 
in der Regel eine zu starke Neigung zur Kritik, zum Besser- 
wissen, zur Opposition und zu persönlichen Empfindlichkeiten 
gefunden, verstärkt durch die Unzufriedenheit, welche das Gleich- 
heitsgefühl des alten preußischen Edelmanns empfindet, wenn 
ein Standesgenosse ihm über den Kopf wächst oder außerhalb 
der militärischen Verhältnisse sein Vorgesetzter wird 1). In der 
Armee sind diese Kreise seit Jahrhunderten daran gewöhnt, 
) Vgl. Bd. II, S. 171.0
	        
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