Verantwortlichkeit unter Friedrich Wilhelm IV. Italienischer Krieg. 321
Taaffe sagte, und beruhigt, wenn er durch allerhöchste Unter-
schrift gedeckt war; doch hat der reine Absolutismus ohne
Parlament immer noch das Gute, daß ihm ein Gefühl der
Verantwortlichkeit für eigne Thaten bleibt. Gefährlicher ist
der durch gefügige Parlamente unterstützte, der keiner andern
Rechtfertigung als der Verweisung auf Zustimmung der Ma-
jorität bedarf.
Die nächste günstige Situation nach dem Krimkriege bot
unfrer Politik der italienische Krieg. Ich glaube freilich nicht,
daß König Wilhelm schon als Regent 1859 geneigt gewesen
sein würde, in plötzlicher Entschließung den Abstand zu über-
schreiten, der seine damalige Politik von derjenigen trennte,
welche später zur Herstellung des Deutschen Reichs geführt
hat. Wenn man die damalige Stellung nach dem Maßstabe
beurtheilt, den die Haltung des auswärtigen Ministers von
Schleinitz in dem demnächstigen Abschluß des Garantievertrages
von Teplitz mit Oestreich ) und in der Weigerung der An-
erkennung Italiens bezeichnet, so kann man mit Recht be-
zweifeln, ob es damals möglich gewesen sein würde, den Re-
genten zu einer Politik zu bewegen, welche die Verwendung
der preußischen Kriegsmacht von Concessionen in der deutschen
Bundespolitik abhängig gemacht hätte. Die Situation wurde
nicht unter dem Gesichtspunkte einer vorwärts strebenden
preußischen Politik betrachtet, sondern in dem gewohnheits-
mäßigen Bestreben, sich den Beifall der deutschen Fürsten, des
Kaisers von Oestreich und zugleich der deutschen Presse zu er-
werben, in dem unklaren Bemühn um einen idealen Tugend-
preis für Hingebung an Deutschland, ohne irgend eine klare
Ansicht über die Gestalt des Zieles, die Richtung, in der, und
die Mittel, durch die es zu suchen wäre.
Unter dem Einflusse seiner Gemalin und der Wochenblatts-
1) 26. Juli 1860.
Otto Zürst von Bi ömarck, Gedanken und Erinnerungen. I. 21