Oestreichs Selbstüberschätzung. Einladung zum Fürstentag. 387
tiative zur Berufung des Frankfurter Fürstentags, durch die
Anfangs August in Gastein König Wilhelm und sein Cabinet
überrascht wurden.
Nach den Mittheilungen von Fröbel ), der sich als den
Urheber des Fürstencongresses betrachtet und ohne Zweifel in
die Vorbereitungen eingeweiht war, ist den übrigen deutschen
Fürsten vor Empfang der vom 31. Juli datirten Einladung
der östreichische Plan nicht bekannt gewesen. Es wäre jedoch
möglich, daß man den nachmaligen würtembergischen Minister
von Varnbüler bis zu einem gewissen Grade in das Geheimniß
gezogen hatte. Dieser kluge und strebsame Politiker zeigte im
Sommer 1863 Neigung, mit mir die Beziehungen zu erneuern,
die früher zwischen uns durch Vermittlung unfres gemeinschaft-
lichen Freundes von Below-Hohendorf entstanden waren. Er
veranlaßte mich zu einer Zusammenkunft, die am 12. Juli in
einer auf seinen Wunsch geheimnißvollen Form in einem kleinen
böhmischen Orte westlich von Karlsbad vor sich ging und von der
ich weiter keinen Eindruck behielt, als daß er mehr mich sondiren,
als mir Vorschläge auf dem Gebiete der deutschen Frage machen
wollte. Die wirthschaftlichen und finanziellen Fragen, in denen
er mir 1878 den vollen Beistand seiner Sachkunde und Arbeits-
kraft geliehn hat, nahmen schon damals eine hervorragende
Stelle in seiner Auffassung ein, allerdings in Anlehnung an
großdeutsche Politik mit entsprechender Zolleinigung.
In Gastein saß ich am 2. August 1863 in den Schwarzen=
bergischen Anlagen an der tiefen Schlucht der Ache unter den
Tannen. Ueber mir befand sich ein Meisennest, und ich beob-
achtete mit der Uhr in der Hand, wie oft in der Minute der
Vogel seinen Jungen eine Raupe oder andres Ungeziefer zutrug.
Während ich der nützlichen Thätigkeit dieser Thierchen zusah,
X) J. Fröbel, Ein Lebenslauf. Stuttgart 1891. Theil II S. 252. 255.
[Nach Rechberg war Hofrath v. Biegeleben der Urheber des Gedankens.)