Full text: Gedanken und Erinnerungen. Neue Ausgabe. Erster Band. (1)

24 Zweites Kapitel: Das Jahr 1848. 
  
etwa fünfzig bäuerliche Jagdgewehre zum Vorschein kamen. 
Ich selbst besaß mit Einrechnung der alterthümlichen einige 
zwanzig und ließ Pulver durch reitende Boten von Jerichow 
und Rathenow holen. 
Dann fuhr ich mit meiner Frau auf umliegende Dörfer 
und fand die Bauern eifrig bereit, dem Könige nach Berlin 
zu Hülfe zu ziehn, besonders begeistert einen alten Deichschulzen 
Krause in Neuermark, der in meines Vaters Regiment „Cara- 
biniers“ Wachtmeister gewesen war. Nur mein nächster Nachbar 
sympathisirte mit der Berliner Bewegung, warf mir vor, eine 
Brandfackel in das Land zu schleudern, und erklärte, wenn die 
Bauern sich wirklich zum Abmarsch anschicken sollten, so werde 
er auftreten und abwiegeln. Ich erwiderte: „Sie kennen mich 
als einen ruhigen Mann, aber wenn Sie das thun, so schieße 
ich Sie nieder.“ — „Das werden Sie nicht,“ meinte er. — 
„Ich gebe mein Ehrenwort darauf,“ versetzte ich, „und Sie 
wissen, daß ich das halte, also lassen Sie das.“ 
Ich fuhr zunächst allein nach Potsdam, wo ich am Bahn- 
hofe Herrn von Bodelschwingh sah, der bis zum 19. Minister 
des Innern gewesen war. Es war ihm offenbar unerwünscht, 
im Gespräch mit mir, dem „Reactionär“, gesehn zu werden; 
er erwiderte meine Begrüßung mit den Worten: „Ne me 
parlez pas.“ — „Les paysans se levent chez nous,“" erwiderte 
ich. „Pour le Roi? — „Oui.“ — „Dieser Seiltänzer,“ sagte 
er, die Hände auf die thränenden Augen drückend. In der 
Stadt fand ich auf der Plantage an der Garnisonkirche ein 
Bivouak der Garde-Infanterie; ich sprach mit den Leuten und 
fand Erbitterung über den befohlnen Rückzug und Verlangen 
nach neuem Kampfe. Auf dem Rückwege längs des Kanals 
folgten mir spionartige Civilisten, welche Verkehr mit der 
Truppe gesucht hatten und drohende Reden gegen mich führten. 
Ich hatte vier Schuß in der Tasche, bedurfte ihrer aber nicht. 
Ich stieg bei meinem Freunde Roon ab, der als Mentor des
	        
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