Full text: Gedanken und Erinnerungen. Neue Ausgabe. Erster Band. (1)

26 Zweites Kapitel: Das Jahr 1848. 
  
die Rechte ihres Sohnes zu wahren ½. Was sie sagte, beruhte 
auf der Voraussetzung, daß der König und ihr Gemal sich nicht 
halten könnten, und ließ auf den Gedanken schließen, während der 
Minderjährigkeit ihres Sohnes die Regentschaft zu führen. Um 
für diesen Zweck die Mitwirkung der Rechten in den Kammern 
zu gewinnen, sind mir formelle Eröffnungen durch Georg von 
Vincke gemacht worden:). Da ich zum Prinzen von Preußen 
nicht gelangen konnte, machte ich einen Versuch mit dem Prinzen 
Friedrich Karl, stellte ihm vor, wie nöthig es sei, daß das Königs- 
haus Fühlung mit der Armee behalte, und wenn Se. Mojestät 
unfrei sei, auch ohne Befehl des Königs für die Sache desselben 
handle. Er erwiderte in lebhafter Gemüthsbewegung, so sehr 
ihm mein Gedanke zusage, so fühle er sich doch zu jung, ihn aus- 
zuführen, und könne dem Beispiel der Studenten, die sich in die 
Politik mischten, nicht folgen, er sei auch nicht älter als die. Ich 
entschloß mich dann zu dem Versuche, zu dem Könige zu gelangen. 
Prinz Karl gab mir im Potsdamer Schlosse als Legitima- 
tion und Paß das nachstehende offne Schreiben: 
Ueberbringer — mir wohlbekannt — hat den Auftrag, sich 
bei Sr. Majestät meinem Allergnädigsten Bruder persönlich 
nach Höchstdessen Gesundheit zu erkundigen und mir Nachricht 
zu bringen, aus welchem Grunde mir seit 30 Stunden auf 
meine wiederholten eigenh. Anfragen „ob ich nicht nach Berlin 
kommen dürfe“ keine Antwort ward. 
Potsdam 21. Maerz 1848 
1 Uhr N. M. 
Carl Prinz v. Preußen. 
1) Die Prinzessin Augusta war nach den Ereignissen des 18. März 
am Morgen des 19. mit ihrem Gemal über Spandau nach der Pfauen- 
insel geflohen. Dort trennten sich die Gatten am 22. März; die Prin- 
zessin begab sich nach Potsdam und bezog mit ihren Kindern das Stadt- 
schloß. Die Unterredung Bismarcks mit der Prinzessin Augusta kann 
also vor dem 23. März nicht stattgefunden haben. 
2) S. u. S. 41f.
	        
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