52 Zweites Kapitel: Das Jahr 1848.
aber wie die Sache heut liegt, so mag ich zwar von meinem
Rechte vollständig überzeugt sein, es ist aber nicht gewiß, daß
Andre und daß schließlich die großen Massen es auch sein
werden; damit ich dessen gewiß werde, muß die Versammlung
sich noch mehr und in solchen Fragen in's Unrecht setzen, in
denen mein Recht, mich mit Gewalt zu wehren, nicht nur für
mich, sondern allgemein einleuchtend ist."
Meine Ueberzeugung, daß die Zweifel des Königs an seiner
Macht unbegründet seien und daß es deshalb nur darauf an-
komme, ob er an sein Recht glaube, wenn er sich gegen die
Uebergriffe der Versammlung wehren wolle, konnte ich bei ihm
nicht zur Anerkennung bringen. Daß sie richtig war, ist dem-
nächst dadurch bestätigt worden, daß den großen und kleinen
Aufständen gegenüber jede militärische Anordnung unbedenklich
und mit Eifer durchgeführt wurde, und zwar unter Umständen,
wo die Bethätigung des militärischen Gehorsams schon von
Hause aus mit dem Niederwerfen bereits vorhandnen bewaff-
neten Widerstandes verbunden war, während eine Auflösung
der Versammlung, sobald man ihre Wirksamkeit als staats-
gefährlich erkannte, in den Reihen der Truppen die Frage
des Gehorsams gegen militärische Befehle nicht berührt haben
würde. Auch das Einrücken größrer Truppenmassen in Berlin
nach dem Zeughaussturme ) und ähnlichen Vorgängen würde
nicht blos von den Soldaten, sondern auch von der Mehrheit
der Bevölkerung als dankenswerthe Ausübung eines zweifel-
losen königlichen Rechts aufgefaßt worden sein, wenn auch nicht
von der Minderheit, welche die Leitung führte; und auch wenn
die Bürgerwehr sich hätte widersetzen wollen, so würde sie bei
den Truppen nur den berechtigten Kampfeszorn gesteigert
haben. Ich kann mir kaum denken, daß der König im Sommer
an seiner materiellen Macht, der Revolution in Berlin ein
1) 14. Juni 1848.