Full text: Gedanken und Erinnerungen. Neue Ausgabe. Erster Band. (1)

Umschau nach einem Ministerium. Brandenburg u. Manteuffel. 57 
  
dringen Widerstand zu leisten und in festre Wege einzulenken 
versuche. 
Als der Graf Brandenburg, gleichgültig gegen solche Be- 
sorgnisse, sich bereit erklärt hatte, das Präsidium zu übernehmen, 
kam es darauf an, ihm geeignete und genehme Collegen zu 
gewinnen. In einer Liste, welche dem Könige vorgelegt wurde, 
fand sich auch mein Name; wie mir der General Gerlach er- 
zählte, hatte der König dazu an den Rand geschrieben: „Nur 
zu gebrauchen, wenn das Bayonett schrankenlos waltet“ #). 
Der Graf Brandenburg selbst sagte mir in Potsdam: „Ich 
habe die Sache übernommen, habe aber kaum die Zeitungen 
gelesen, bin mit staatsrechtlichen Fragen unbekannt und kann 
nichts weiter thun, als meinen Kopf zu Markte tragen. Ich 
brauche einen „Kornak', einen Mann, dem ich traue und der 
mir sagt, was ich thun kann. Ich gehe in die Sache wie ein 
Kind in's Dunkel, und weiß Niemanden als Otto Manteuffel 
(Director im Ministerium des Innern), der die Vorbildung 
und zugleich mein persönliches Vertrauen besitzt, der aber noch 
Bedenken hat. Wenn er will, so gehe ich morgen in die Ver- 
sammlung; wenn er nicht will, so müssen wir warten und einen 
Andern finden. Fahren Sie nach Berlin hinüber und bewegen 
Sie Manteuffel.“ Dies gelang, nachdem ich von 9 Uhr bis 
Mitternacht in ihn eingeredet und es übernommen hatte, seine 
Frau in Potsdam zu benachrichtigen, und die für die persön- 
liche Sicherheit der Minister im Schauspielhause und in dessen 
Umgebung getroffnen Maßregeln dargelegt hatte. 
Am 9. November früh Morgens kam der zum Kriegs- 
minister ernannte General v. Strotha zu mir ), weil ihn 
NX) Gerlach ist zuverlässiger als die Quelle, aus welcher der Graf 
Vitzthum von Eckstädt geschöpft haben muß, wenn er — „Berlin und 
Wien“ S. 247 — die Randbemerkung so giebt: „Rother Reactionär, 
riecht nach Blut, später zu gebrauchen.“ 
1) Bismarck wohnte damals bei R. von der Goltz, Leipziger Platz 14; 
s. Bismarck's Briefe an seine Braut und Gattin S. 118.
	        
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