64 Drittes Kapitel: Erfurt, Olmütz, Dresden.
ihre Sache fest und offen vertraten. Es war dies im Sommer
1848 in Preußen nicht der Fall gewesen; sobald aber im No-
vember der König sich entschloß, Minister zu ernennen, welche
bereit waren, die Kronrechte ohne Rücksicht auf Parlaments-
beschlüsse zu vertreten, war der ganze Spuk verschwunden und
nur noch die Gefahr vorhanden, daß der Rückschlag über das
vernünftige Maß hinausgehn werde. In den übrigen nord-
deutschen Staaten kam es nicht einmal zu solchen Conflicten,
wie sie das Ministerium Brandenburg in einzelnen Provinzial-
städten zu bekämpfen hatte. Auch in Baiern und Würtemberg
erwies sich das Königthum trotz antiköniglicher Minister schließ-
lich stärker als die Revolution.
Als der König am 3. April 1849 die Kaiserkrone ablehnte,
aber aus dem Beschlusse der Frankfurter Versammlung „ein
Anrecht“ entnahm, dessen Werth er zu schätzen wisse, war er
dazu hauptsächlich bewogen durch den revolutionären oder doch
parlamentarischen Ursprung des Anerbietens und durch den
Mangel eines staatsrechtlichen Mandats des Frankfurter Par-
laments bei mangelnder Zustimmung der Dynastien. Aber
auch wenn alle diese Mängel nicht, oder doch in den Augen
des Königs nicht, vorhanden gewesen wären, so würde unter
ihm eine Fortbildung und Kräftigung der Reichs-Institutionen,
wie sie unter Kaiser Wilhelm stattgefunden hat, kaum zu er-
warten gewesen sein. Die Kriege, welche der Letztre geführt
hat, würden nicht ausgeblieben sein, nur würden sie nach der
Constituirung des Kaiserthums, als Folge derselben, und nicht
vorher, das Kaiserthum vorbereitend und herstellend, zu führen
gewesen sein. Ob Friedrich Wilhelm IV. zur rechtzeitigen
Führung derselben hätte bewogen werden können, weiß ich
nicht; es war das schon schwierig bei seinem Herrn Bruder,
in dem die militärische Ader und das preußische Offiziersgefühl
vorwiegend waren.
Wenn ich die damaligen preußischen Zustände, persönliche