Full text: Gedanken und Erinnerungen. Neue Ausgabe. Zweiter Band. (2)

Beust'sche Machenschaften zu Gunsten Frankreichs. 115 
  
–4 
gediehen sind, jede friedliche Einflußnahme der neutralen Mächte 
fehlt. Aber es ist ihr unmöglich, in der Weise, wie es neuer- 
lich von Seiten des St. Petersburger Cabinets geschieht, die 
absolute Enthaltung des unbetheiligten Europa zu billigen und 
zu empfehlen. Sie hält es vielmehr für Pflicht, auszusprechen, 
daß sie noch an allgemein europäische Interessen glaubt und 
daß sie einen durch unparteiische Einwirkung der Neutralen 
herbeigeführten Frieden der Vernichtung weiterer Hundert- 
tausende vorziehen würde.“ 
Darüber, welcher Art die „unparteiische Vermittlung“ ge- 
wesen sein würde, läßt der Graf Beust keinen Zweifel: mitiger 
les exigences du vainqueur, adoucir I’amertume des sentiments 
qui doivent accabler le vaincu ). Daß die Gefühle der Fran- 
zosen über die erlittne Niederlage heut uns gegenüber weniger 
bitter sein würden, wenn die Neutralen uns genöthigt hätten, 
uns mit weniger zu begnügen, das wird ein so guter Kenner 
der französischen Geschichte und des französischen National= 
charakters wie der Graf Beust, schwerlich geglaubt haben. 
Eine Einmischung konnte nur die Tendenz haben, uns Deut- 
schen den Siegespreis vermittelst eines Congresses zu beschnei- 
den. Diese mich Tag und Nacht beunruhigende Gefahr erzeugte 
in mir das Bedürfniß, den Friedensschluß zu beschleunigen, um 
ihn ohne Einmischung der Neutralen herstellen zu können. Daß 
dies vor der Eroberung von Paris nicht thunlich sein würde, 
ließ sich nach dem herkömmlichen Vorgewicht der Hauptstadt in 
Frankreich voraussehn. So lange Paris sich hielt, war auch 
von den leitenden Kreisen in Tours und Bordeaux und von 
den Provinzen nicht anzunehmen, daß sie die Hoffnung auf 
einen Umschwung aufgeben würden, mochte derselbe von neuen 
1) Die Forderungen des Siegers mäßigen, die Bitterkeit der Emp- 
findungen mildern, die den Besiegten niederdrücken müssen; Depesche 
an Graf Chotek vom 12. October, Beust, Aus drei Viertel-Jahrhunderten, 
II 397, Hahn a. a. O. S. 552.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.