Verdienst v. Holnstein's. Formulirung des Kaisertitels. 141
Eine neue Schwierigkeit erhob Se. Majestät bei der Formu-
lirung des Kaisertitels, indem er, wenn schon Kaiser, Kaiser
von Deutschland heißen wollte. In dieser Phase haben der
Kronprinz, der seinen Gedanken an einen König der Deutschen
längst ) fallen gelassen hatte, und der Großherzog von Baden
mich, jeder in seiner Weise, unterstützt, wenn auch keiner von
Beiden der zornigen Abneigung des alten Herrn gegen den
„Charakter-Major“) offen widersprach. Der Kronprinz unter-
stützte mich durch passive Assistenz in Gegenwart seines Herrn
Vaters und durch gelegentliche kurze Aeußerungen seiner An-
sicht, die aber meine Gefechtsposition dem Könige gegenüber
nicht stärkten, sondern eher eine verschärfte Reizbarkeit des
hohen Herrn zur Folge hatten. Denn der König war noch
leichter geneigt dem Minister, als seinem Herrn Sohne Con-
cessionen zu machen, in gewissenhafter Erinnrung an Ver-
fassungseid und Ministerverantwortlichkeit. Meinungsverschie-
denheiten mit dem Kronprinzen faßte er von dem Standpunkte
des pater familias auf.
In der Schlußberathung am 17. Januar 1871 lehnte er
die Bezeichnung Deutscher Kaiser ab und erklärte, er wolle
Kaiser von Deutschland oder garnicht Kaiser seins). Ich hob
hervor, wie die adjectivische Form Deutscher Kaiser und die
genitivische Kaiser von Deutschland sprachlich und zeitlich ver-
schieden seien. Man hätte Römischer Kaiser, nicht Kaiser von
Rom gesagt; der Zar nenne sich nicht Kaiser von Rußland,
sondern Russischer, auch „gesammtrussischer“ (wserossiski) Kaiser.
Das Letztre bestritt der König mit Schärfe, sich darauf be-
1) Seit jenem Ritte vom 2. Sept. und der Auseinandersetzung in
Donchery am 3. Sept. — Immerhin verlangte der Kronprinz noch am
6. December nach seinem Tagebuche für das Reichswappen die deutsche
König skrone, wenigstens als „Attribut der Kaiserwürde“.
„) S. o. S. 65. 133f.
2:) Man pgl. dazu Kaiser Friedrich's Tagebücher zum 17. Januar
1871, S. 129 ff., Abeken, Ein schlichtes Leben in bewegter Zeit, S. 483 f.