Full text: Gedanken und Erinnerungen. Neue Ausgabe. Zweiter Band. (2)

204 Sechsundzwanzigstes Kapitel: Intriguen. 
  
kräftige Irrthümer" !) nach Windsor haben befördert werden 
können. Die Andeutung über Personen, welche als „Vertreter“ 
der Regirung Eurer Mojestät gelten müssen, scheint auf Graf 
Münster zu zielen. Derselbe kann ja sehr wohl, gleich dem 
Grafen Moltke, akademisch von der Nützlichkeit eines rechtzeitigen 
Angriffs auf Frankreich gesprochen haben, obschon ich es nicht 
weiß und er niemals dazu beauftragt worden ist. Man kann 
ja sagen, daß es für den Frieden nicht förderlich ist, wenn 
Frankreich die Sicherheit habe, daß es unter keinen Um- 
ständen angegriffen wird, es mag thun, was es will. Ich 
würde noch heut, wie 1867 in der Luxemburger Frage, Eurer 
Majestät niemals zureden, einen Krieg um deswillen sofort zu 
führen, weil wahrscheinlich ist, daß der Gegner ihn bald be- 
ginnen werde; man kann die Wege der göttlichen Vorsehung 
dazu niemals sicher genug im Voraus erkennen. Aber es ist 
auch nicht nützlich, dem Gegner die Sicherheit zu geben, daß 
man seinen Angriff jedenfalls abwarten werde. Deshalb 
würde ich Münster noch nicht tadeln, wenn er in solchem Sinne 
gelegentlich geredet hätte, und die englische Regirung hätte des- 
halb noch kein Recht gehabt, auf außeramtliche Reden eines 
Botschafters amtliche Schritte zu gründen und sans nous dire 
gare?) die andern Mächte zu einer Pression auf uns aufzu- 
fordern. Ein so ernstes und unfreundliches Verfahren läßt 
doch vermuthen, daß die Königin Victoria noch andre Gründe 
gehabt habe, an kriegerische Absichten zu glauben als gelegent- 
liche Gesprächswendungen des Grasen Münster, an die ich nicht 
einmal glaube. Lord O. Russell hat versichert, daß er jederzeit 
seinen sesten Glauben an unfre friedlichen Absichten berichtet 
habe. Dagegen haben alle Ultramontane und ihre Freunde 
uns heimlich und öffentlich in der Presse angeklagt, den Krieg 
in kurzer Frist zu wollen, und der französische Botschafter, der 
1) 2. Theff. 2, 11. 
:) Ohne zuvor Achtung! zu sagen.
	        
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