6 Neunzehntes Kapitel: Schleswig-Holstein.
Trennung kommt und von wem, das werden wir sehn. Sie
fragen: wann in aller Welt sollen wir denn Krieg führen, wozu
die Armeereorganisation? und Ihre eignen Berichte schildern
uns das Bedürfniß Frankreichs, im Frühjahr Krieg zu haben,
die Aussicht auf eine Revolution in Galizien daneben. Rußland
hat 200 000 Mann über den polnischen Bedarf auf den Beinen
und kein Geld zu Phantasie-Rüstungen, muß also muthmaßlich
doch auf Krieg gefaßt sein; ich bin es auf Krieg mit Revolution
combinirt. Sie sagen dann, daß wir uns dem Kriege garnicht
aussetzen; das vermag ich mit Ihren eignen Berichten aus den
letzten drei Monaten nicht in Einklang zu bringen. Ich bin da-
bei in keiner Weise kriegsscheu, im Gegentheil; bin auch gleich-
gültig gegen Revolutionär oder Conservativ, wie gegen alle
Phrasen; Sie werden sich vielleicht sehr bald überzeugen, daß
der Krieg auch in meinem Programme liegtz ich halte nur Ihren
Weg, dazu zu gelangen, für einen staatsmännisch unrichtigen.
Daß Sie dabei im Einverständniß mit Pfordten, Beust, Dalwigk
und wie unfre Gegner alle heißen, sich befinden, macht für mich
die Seite, die Sie vertreten, weder zur revolutionären noch
zur conservativen, aber nicht zur richtigen für Preußen. Wenn
der Bierhaus-Enthusiasmus in London und Paris imponirt,
so freut mich das, es paßt ganz in unsern Kram; deshalb
imponirt er mir aber noch nicht und liefert uns im Kampfe
keinen Schuß und wenig Groschen. Mögen Sie den Londoner
Vertrag revolutionär nennen: die Wiener Tractate waren es
zehnmal mehr und zehnmal ungerechter gegen viele Fürsten,
Stände und Länder, das europäische Recht wird eben durch
europäische Tractate geschaffen. Wenn man aber an letztre den
Maßstab der Moral und Gerechtigkeit legen wollte, so müßten
sie ziemlich alle abgeschafft werden.
Wenn Sie statt meiner hier im Amte wären, so glaube ich,
daß Sie sich von der Unmöglichkeit der Politik, die Sie mir
heut empfehlen und als so ausschließlich patriotisch“ ansehn, daß