238 Siebenundzwanzigstes Kapitel: Die Ressorts.
Auf dem Gebiete der Finanzen war meine Zustimmung zu
einer Steuerreform jederzeit dem Verlangen untergeordnet, die-
jenigen directen Steuern, die von dem Vermögen des Zahlen-
den unabhängig sind, nicht ferner als Maßstab für jährliche
Zuschläge zu benutzen. Wenn auch die durch Auflegung der
Grund- und Häusersteuer einmal begangne Ungerechtigkeit sich
nicht ausgleichen ließ, so ist es deshalb doch nicht der Gerech-
tigkeit entsprechend, sie jährlich durch Zuschläge zu wiederholen.
Mein letzter College im Finanzministerium, Scholz#), mit dem
ich jederzeit in freundlichen Beziehungen gelebt habe, theilte
meine Ansicht, hatte jedoch mit den parlamentarischen und mini-
steriellen Schwierigkeiten der Remedur zu kämpfen; dagegen
war die Streitmacht seiner Räthe ohne Zweifel der freiern
Bewegung froh, die nach meinem Ausscheiden aus dem Staats-
ministerium eintrat. Eine Forderung, mit der ich Jahre lang
im Finanzministerium keinen Anklang finden konnte, war neben
der Selbsteinschätzung die, daß das Einkommen von ausländischen
Werthen höher zu besteuern sei als von deutschen, gewissermaßen
ein Schutzzoll für deutsche Werthe, und das von selbst flüssige
höher als das durch Arbeit jährlich neu zu gewinnende.
Auf dem Gebiete der Landwirthschaft ist der Wegfall des
von mir angeblich ausgeübten agrarischen Druckes hauptsäch-
lich den kranken Schweinen und den Viehseuchen zu Gute ge-
kommen, desgleichen den höhern und niedern Beamten, denen
die Aufgabe zufiel, vor dem Parlamente und dem Lande die
Agitationslüge von der Vertheurung der Lebensmittel zu be-
kämpfen. In der Nachgiebigkeit auf diesem Gebiete und in
der nach unangenehmen Erfahrungen im Februar 1891 wieder
zurückgenommnen Erleichterung des französischen Verkehrs mit
1) Adolf Heinrich Wilhelm v. Scholz wurde am 16. Juli 1879 an
die Spitze des neu begründeten Reichsschatzamtes berufen, trat aber
1882 als Finanzminister in den preußischen Landesdienst zurück, in dem
er bis zu seinem Rücktritt, Juni 1890, verblieb.