Der Dreikaiserbund. Die Gortschakow'sche Intrigue. 267
lassen, einen willkommnen Vorwand zunächst für englische
Humanitätsphrasen geboten haben, dann aber auch für Ruß-
land, um aus der Politik der persönlichen Freundschaft der
beiden Kaiser einen Uebergang zu der des kühlen russischen
Staatsinteresses zu finden, das 1814 und 1815 bei Absteckung
des französischen Gebiets maßgebend gewesen war. Daß es
für die russische Politik eine Grenze giebt, über die hinaus das
Gewicht Frankreichs in Europa nicht vermindert werden darf,
ist erklärlich. Dieselbe war, wie ich glaube, mit dem Frank-
furter Frieden erreicht, und diese Thatsache war vielleicht 1870
und 1871 in Petersburg noch nicht in dem Maße zum Be-
wußtsein gekommen, wie fünf Jahre später. Ich glaube kaum,
daß das russische Cabinet während unfres Krieges deutlich
vorausgesehn hat, daß es nach demselben ein so starkes und
consolidirtes Deutschland zum Nachbar haben würde. Im
Jahre 1875 nahm ich an, daß an der Newa schon einige Zweifel
darüber herrschten, ob es richtig gewesen sei, die Dinge so weit
kommen zu lassen, ohne in die Entwicklung einzugreifen. Die
aufrichtige Freundschaft und Verehrung Alexander's II. für
seinen Oheim deckten das Unbehagen, das die amtlichen Kreise
bereits empfanden. Hätten wir damals den Krieg erneuern
wollen, nur um das kranke Frankreich nicht genesen zu lassen,
so würde unzweifelhaft nach einigen mißlungnen Conferenzen
zur Verhütung des Kriegs unfre Kriegführung sich in Frank-
reich in der Lage befunden haben, die ich in Versailles bei der
Verschleppung der Belagerung befürchtet hatte. Die Beendigung
des Kriegs würde nicht durch einen Friedensschluß unter vier
Augen, sondern in einem Congresse zu Stande gekommen sein,
wie 1814 unter Zuziehung des besiegten Frankreich, und viel-
leicht bei der Mißgunst, der wir ausgesetzt waren, ebenso wie
damals unter Leitung eines neuen Talleyrand.
Ich hatte schon in Versailles befürchtet, daß die Betheiligung
Frankreichs an den Londoner Conferenzen über die das Schwarze