Full text: Gedanken und Erinnerungen. Neue Ausgabe. Zweiter Band. (2)

Mögl. Lösungen d. Herzogthümerfrage. Der Liberalismus u. d. Fürsten. 11 
  
Feinde gefunden hätte, auch in England. Ich hätte den Minister 
als Schwindler und Landesverräther betrachtet, der in die falsche 
Politik von 1848, 49, 50 zurückgefallen wäre, die uns ein neues 
Olmütz bereiten mußte. Sobald aber Oestreich mit uns war, 
schwand die Wahrscheinlichkeit einer Coalition der andern Mächte 
gegen uns. 
Wenn auch durch Landtagsbeschlüsse, Zeitungen und Schützen- 
feste die deutsche Einheit nicht hergestellt werden konnte, so übte 
doch der Liberalismus einen Druck auf die Fürsten, der sie zu 
Concessionen für das Reich geneigter machte. Die Stimmung 
der Höfe schwankte zwischen dem Wunsche, dem Andringen der 
Liberalen gegenüber die fürstliche Stellung in particularistischer 
und autokratischer Sonderpolitik zu befestigen, und der Sorge 
vor Friedensstörungen durch äußere oder innre Gewalt. An 
ihrer deutschen Gesinnung ließ keine deutsche Regirung einen 
Zweifel, doch über die Art, wie die deutsche Zukunft gestaltet 
werden sollte, stimmten weder die Regirungen noch die Parteien 
überein. Es ist nicht wahrscheinlich, daß Kaiser Wilhelm als 
Regent und später als König auf dem Wege, den er zuerst unter 
dem Einflusse seiner Gemalin mit der neuen Aera betreten hatte, 
je dahin gebracht worden wäre, das zur Erreichung der Einheit 
Nothwendige zu thun, indem er dem Bunde absagte und die 
preußische Armee für die deutsche Sache einsetzte. Auf der andern 
Seite aber ist es auch nicht wahrscheinlich, daß er ohne seine 
vorhergehenden Versuche und Bestrebungen in liberaler Richtung, 
ohne die Verbindlichkeiten, in die er dadurch gerathen war, in 
die Wege zum dänischen und damit zum böhmischen Kriege hätte 
geleitet werden können. Vielleicht wäre es nicht einmal gelungen, 
ihn von dem Frankfurter Fürstencongreß 1863 fern zu halten, 
wenn die liberalen Antecedentien nicht ein gewisses Popularitäts= 
bedürfniß in liberaler Richtung auch bei dem Herrn zurückge- 
1) D. h. eine Demüthigung, wie sie sich Preußen 1850 in Olmütz 
gefallen lassen mußte.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.