Landtagsberathung kein Schutz gegen Flüchtigkeit. Sonst und jetzt. 315
Verbesserungsantrag, die drei ersten Nummern zu streichen,
hatte aber offenbar den zu verbessernden Artikel nicht zu Ende
gelesen und das „endlich“ stehn lassen. Sein Antrag wurde
angenommen und in allen Stadien der Berathung beibehalten,
und so hat denn der Artikel (jetzt 74) die sonderbare Fassung:
Jedes Unternehmen gegen die Existenz, die Integrität,
die Sicherheit oder die Verfassung des Deutschen Reichs,
endlich die Beleidigung des Bundesraths, des Reichs-
tags u. s. w.
Vor 1848 war man beflissen, das Richtige und Vernünftige
zu finden, heut genügt die Majorität und die königliche Unter-
schrift. Ich kann nur bedauern, daß die Mitwirkung weitrer
Kreise zur Vorbereitung der Gesetze, wie sie im Staatsrath
und im Volkswirthschaftsrath gegeben war, gegenüber mini-
sterieller oder monarchischer Ungeduld nicht hinreichend hat zur
Geltung gebracht werden können. Ich habe, wenn ich Muße
fand, mich mit diesen Problemen zu beschäftigen, zu meinen
Collegen gelegentlich den Wunsch geäußert, daß sie ihre legis-
latorische Thätigkeit damit beginnen möchten, die Entwürfe zu
veröffentlichen, der publicistischen Kritik preis zu geben, mög-
lichst viele sachkundige und an der Frage interessirte Kreise,
also Staatsrath, Volkswirthschaftsrath, nach Umständen die
Provinziallandtage zu hören, und alsdann erst die Berathung
im Staatsministerium möchten eintreten lassen. Das Zurück-
drängen des Staatsraths und ähnlicher Berathungskörper schreibe
ich hauptsächlich der Eifersucht zu, mit der diese unzünftigen
Rathgeber in öffentlichen Angelegenheiten von den zünftigen
Räthen und von den Parlamenten betrachtet werden, zugleich
aber auch dem Unbehagen, mit dem die ministerielle Macht-
vollkommenheit innerhalb des eignen Ressorts auf das Mitreden
Andrer blickt.
Die ersten Staatsrathssitzungen, denen ich nach seiner Wieder-