Prinzessin (Kaiserin) Augusta und v. Schleinitz. 325
Patronate Ihrer Majestät durch das Organ von Schleinitz noch
Beziehungen und Unterhandlungen bedenklicher Natur statt ½.
Herr von Schleinitz hatte, seit ich Minister des Aeußern und
er selbst Minister des Königlichen Hauses geworden, das Amt
einer Art Gegenministers der Königin, um Ihrer Majestät
Material zur Kritik und zur Beeinflussung des Königs zu
liefern. Er hatte zu diesem Behufe die Verbindungen benutzt,
die er in der Zeit, wo er mein Vorgänger war, im Wege der
Privatcorrespondenz angeknüpft hatte, um eine förmliche diplo-
matische Berichterstattung in seiner Hand zu concentriren. Ich
erhielt die Beweise dafür durch den Zufall, daß einige dieser
Berichte, aus deren Fassung die Thatsache der Continuität der
Berichterstattung ersichtlich war, durch Mißverständniß der Feld-
jäger oder der Post an mich gelangten und amtlichen Berichten
so genau ähnlich sahn, daß ich erst durch einzelne Bezugnahmen
im Texte stutzig wurde, mir das dazu gehörige Couvert aus
dem Papierkorb suchte und darauf die Adresse des Herrn von
Schleinitz vorfand. Zu den Beamten, mit denen er solche Ver-
bindungen unterhielt, gehörte unter Andern ein Consul, über
den mir Roon unter dem 25. Januar 1864 schrieb, derselbe
stehe im Solde von Drouyn de L'Huys und schreibe unter dem
Namen Siegfeld Artikel für das „Mémorial Diplomatique“,
die u. A. der Occupation der Rheinlande durch Napoleon das
Wort redeten und sie in Parallele stellten mit unfrer Occupa-
tion Schleswigs. Zur Zeit der „Reichsglocke“ und der ge-
hässigen Angriffe der conservativen Partei und der „Kreuz-
zeitung“ auf mich konnte ich ermitteln, daß die Colportage der
„Reichsglocke“ und ähnlicher verleumderischer Preßerzeugnisse
im Büro des Hausministers besorgt wurde. Der Vermittler
war ein höherer Subalternbeamter Namens Bernhard), der
1) S. Bd. I S. 385.
:) Geh. Rechnungsrath, vgl. H. Blum, Persönliche Erinnerungen
an den Fürsten Bismarck. (München, Alb. Langen 1900.) S. 138.