Schreib. Bismarck's, Antw. d. Königs. Stimmungswandelb. Wilhelm I. 19
Königin wollte ich den Uebergang dereinst anbahnen zur resp.
Besitzergreifung, die sich nach und nach aus der Adwinistrations-
Theilung entwickelt hätte. Indessen dies kann ich auch später
so darstellen, wenn die Eigenthumstheilung wirklich erfolgt, an
die ich noch immer nicht glaube, da Oesterreich zu stark zurück-
stecken muß, nachdem es sich für Augustenburg und gegen Be-
sitznahme, wenn freilich die ein seitige, zu sehr avancirte.
W. 1./8. 65“ 1).
„Es wäre sicher, dem Courier zu befehlen, alle Briefe,
auch den (an die) Königin zurückzubringen, weil ich ihm aufgab,
denselben sogleich am Potsdamler) Bahnhof abzugeben, woraus
er Eile vermuthend diesen Brief vielleicht allein per Post von
Salzburg absenden könnte“ ½).
Nach dem Gasteiner Vertrage und der Besitznahme von Lauen-
burg, der ersten Mehrung des Reichs unter König Wilhelm, fand
meiner Wahrnehmung nach ein psychologischer Wandel in seiner
Stimmung, ein Geschmackfinden an Eroberungen statt, aber doch
mit vorwiegender Befriedigung darüber, daß dieser Zuwachs,
der Hafen von Kiel, die militärische Stellung in Schleswig und
das Recht, einen Canal durch Holstein zu bauen, in Friede und
Freundschaft mit Oestreich gewonnen worden war.
Ich denke mir, daß das Verfügungsrecht über den Kieler
Hafen bei Sr. Majestät schwerer in das Gewicht gefallen ist
als der Eindruck der neuerworbenen freundlichen Landschaft von
Ratzeburg mit seinem See. Die deutsche Flotte, und der Kieler
Hafen als Unterlage ihrer Errichtung, war seit 1848 einer der
zündenden Gedanken gewesen, an deren Feuer die deutschen Ein-
heitsbestrebungen sich zu erwärmen und zu versammeln pflegten.
Einstweilen aber war der Haß meiner parlamentarischen Gegner
1) Bismarck-Jahrbuch VI 202 f.
1) Die Nachschrift ist von der Hand des Königs mit Bleistift ge-
schrieben.