78 Einundzwanzigstes Kapitel: Der Norddeutsche Bund.
nicht mit seinem Volke — der war nie unterbrochen worden,
wie der Verlauf des Krieges gezeigt hat —, sondern mit dem
Theile der Opposition, welche irre geworden war an der Re-
girung, mehr aus nationalen als aus parteipolitischen Gründen.
Dies waren ungefähr die Gedanken und Argumente, mit
denen ich während der viele Stunden langen Fahrt von Prag
nach Berlin (4. August) die Schwierigkeiten zu bekämpfen suchte,
die die eignen Ansichten, noch mehr aber andre Einflüsse, nament-
lich auch der Einfluß der conservativen Deputation, in dem Könige
hinterlassen hatten. Es kam dazu eine staatsrechtliche Auffassung
Sr. Moajestät, die ihm ein Verlangen nach Indemnität als ein
Eingeständniß begangnen Unrechts erscheinen ließ #). Ich suchte
vergeblich diesen sprachlichen und rechtlichen Irrthum zu ent-
kräften, indem ich geltend machte, daß in Gewährung der In-
demnität nichts weiter liege als die Anerkennung der Thatsache,
daß die Regirung und ihr königlicher Chef rebus sic stantibus )
richtig gehandelt hätten; die Forderung der Indemnität sei ein
Verlangen nach dieser Anerkennung. In jedem constitutionellen
Leben, in dem Spielraum, den es den Regirungen gestatte,
liege es, daß der Regirung nicht für jede Situation eine
Zwangsroute in der Verfassung angewiesen sein könne. Der
König blieb bei seiner Abneigung gegen Indemnität, während
es mir nothwendig schien, den parlamentarischen Gegnern, von
denen doch höchstens diejenigen, die später die freisinnige Partei
bildeten, böswillig, die Andern aber nur verrannt waren, sei
es politisch, sei es sprachlich, eine goldne Brücke zu bauen, um
den innern Frieden Preußens herzustellen und von dieser festen
preußischen Basis aus die deutsche Politik des Königs fortzu-
X) Die Angabe in Roon's Denkwürdigkeiten („Deutsche Revue“
1891 Bd. 1 S. 133, Ausgabe in Buchform II/ 482): „Für Bismarck's
Zustimmung war es jedenfalls entscheidend, daß er die versöhnlichen
Anschauungen seines Monarchen genau kannte“, ist irrthümlich.
1) Bei solcher Lage der Dinge.