Full text: Gedanken und Erinnerungen. Neue Ausgabe. Dritter Band. (3)

84 Achtes Kapitel: Meine Entlassung. 
  
des Zaren über Se. Majestät und über den letzten Besuch, den 
Se. Majestät ihm gemacht. Der Kaiser verlangte, daß ich ihm 
einen Bericht der Art, den ich in der Hand hielt, vorlese. Ich 
erklärte, ich könnte mich dazu nicht entschließen, weil der wört- 
liche Inhalt ihn verletzen würde. Der Kaiser nahm mir das 
Schriftstück aus der Hand, las es und schien von dem Wort- 
laut der angeblichen zarischen Aeußerungen mit Recht verletzt. 
Die dem Kaiser Alexander von angeblichen Ohrenzeugen 
zugeschriebenen Aeußerungen über den Eindruck, den sein Vetter 
bei seinem letzten Besuche in Peterhof ihm gemacht habe, waren 
in der That so unerfreulich, daß ich Bedenken getragen hatte, 
diese ganze Berichterstattung überhaupt gegen Se. Majestät zu 
erwähnen. Ich hatte ohnehin keine Sicherheit, daß die Quellen 
und die Meldungen des Grafen Hatzfeldt authentisch waren; 
die Fälschungen, welche 1887 dem Kaiser Alexander von Paris 
aus in die Hand gespielt und von mir mit Erfolg entkräftet 
worden waren, ließen mich an die Möglichkeit denken, daß 
man von andrer Seite in ähnlicher Richtung durch Fälschungen 
auf unfren Monarchen zu wirken suchen wolle, um ihn gegen 
den russischen Verwandten zu verstimmen und in den englisch- 
russischen Streitfragen zum Feinde Rußlands, also direct oder 
indirect zum Bundesgenossen Englands zu machen. Wir leben 
zwar nicht mehr in der Zeit, wo verletzende Witze Friedrich's 
des Großen die Kaiserin Elisabeth und die Frau von Pompa-= 
dour, also damals Frankreich, zu Gegnern Preußens machten. 
Immerhin konnte ich es nicht über mich gewinnen, die 
Aeußerungen, welche dem Zaren zugeschrieben wurden, meinem 
eignen Souverän vorzulesen oder mitzutheilen. Auf der andren 
Seite aber hatte ich zu erwägen, daß der Kaiser erfahrungs- 
mäßig von dem Mißtrauen beseelt war, als ob ich ihm De- 
peschen von Wichtigkeit vorenthielte, und daß seine Ermittlungen 
darüber, ob dies geschähe, sich nicht auf directe Nachfragen bei 
mir beschränkten. Der Kaiser hat zu seinen Ministern nicht
	        
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