6 Abgeordnetenhaus.
(. d.). S. auch Erl. vom 25. Juni 1904 (0MBl.
348) über die Zuleitung der Kondens= und
Kühlwässer in die Ausgleich= und Klärbassins.
Abgeordnetenhaus. Das A., welche Be-
zeichnung der vormaligen II. Kammer durch
das G. vom 30. Mai 1855 (GS. 310) beigelegt
worden ist, geht aus allgemeinen, öffent-
lichen und indirekten, auf dem Dreiklassen-
wahlsystem beruhenden Wahlen in gesetzlich
festgestellten Wahlbezirken hervor. Uber die
Bildung und Zusammensetzung des A. bestimmt
Vl. Art. 69—72. Von denselben sind indessen
Art. 70—72 nicht in Kraft getreten, da durch
Bll. Art. 115 die V. vom 30. Mai 1849 — GS.
205 (s. unter Verfassung H bis zum Erlaß
des in VU. Art. 72 vorgesehenen Wahlgesetzes
aufrechterhalten wurde, ein solches Wahlgesetz
aber nicht ergangen ist.
I. Die Zahl der Abgeordneten betrug
ursprünglich 350 (Vl. Art. 69). Sie erhöhte
sich nach Einverleibung der Hohenzollernschen
Fürstentümer auf 352 (G. vom 30. April 1851
— GS. 213), denen nach Erwerb der neuen
Provinzen im Jahre 1866 weitere 80 (G. vom
17. Mai 1867 — GSE. 1481) und nach Einver-
leibung des Herzogtums Lauenburg noch ein
Abgeordneter (G. vom 23. Juni 1876— GS. 169)
hinzutraten, so daß die Gesamtzahl 433 be-
trägt. Davon entfallen auf die Stadt Berlin
9, auf die Prov. Ostpreußen 32, Westpreußen 22,
Brandenburg 36, Pommern 26, Schlesien 65,
Posen 29, Sachsen 38, Westfalen 31, Rhein=
provinz 62, Hannover 36, Hessen-NAassau 26,
Schleswig-Holstein 19 und die hohenzollern-
schen Lande 2 Abgeordnete. Aach einem neuer-
dings vorgelegten Gesetzentwurfe soll die Zahl
der Abgeordneten auf 443 erhöht, also um
10 Abgeordnete vermehrt werden, von denen
Berlin und Westfalen je 3, Brandenburg 2 und
Schlesten. sowie die Rheinprovinz je 1 erhalten
ollen.
II. Die Wahlbezirke werden nach V.
Art. 69 durch Gesetz festgestellt. Sie Kkönnen
aus einem oder mehreren Kreisen oder aus
einer oder mehreren der großen Städte be-
stehen. Für die älteren Provinzen ist die
Feststellung der Wahlbezirke, der Wahl-
orte und der Zahl der von jedem Wahlbe-
zirke zu wählenden Abgeordneten erstmalig
durch die V. vom 30. Mai 1849 (für Hohen-
zollern durch das G. vom 30. April 1851), end-
gültig durch das G. vom 27. Juni 1860 (GS.
357) erfolgt, welches letztere mit im ganzen
nicht wesentlichen Modifikationen, von denen
die Anderungen in den Prov. Posen und
Westpreußen infolge des RKreisteilungsgesetzes
vom 6. Juni 1887 (GS. 197 hervorzuheben sind,
auch gegenwärtig noch gilt. In den neuen
Provinzen wurde die gleiche Feststellung zu-
micht durch die V. vom 14. Sept. 1867 (GS.
1482), endgültig für Schleswig-Holstein durch
das G. vom 15. Kebr. 1872 (GS. 158) bzw. Kr .
vom 26. Mai 1888 § 3 (GS. 139), für Hannover
durch die Kr O. vom 6. Mai 1884 (GS. 181) und
für Hessen-Nassau durch die Kr O. vom 7. Juni
1885 (GS. 193) bewirkt, während es für den
mit der Prov. Schleswig Holltein vereinigten
Kreis Herzogtum Lauenburg bei dem G. vom
23. Juni 1876 verblieben ist. Die Insel Helgo-
land ist in bezug auf die Wahlen zum A.
durch G. vom 18. Febr. 1891 (GS. 11) dem
Kreise Süderdithmarschen zugeteit worden.
III. In bezug auf die Vollziehung der
Wahlen bestimmen die V. vom 30. Mai 1849,
welche mit unwesentlichen Abweichungen auch
in den nach dem Jahre 1850 erworbenen
Landesteilen gilt — ovgl. für Hohenzollern G.
vom 30. April 1851 (GS. 216); für die neuen
Provinzen G. vom 11. März 1869 (GS. 481);
für Lauenburg G. vom 23. Juni 1876 (GS. 169);
für Helgoland G. vom 18. Febr. 1891 (G. 11) —,
sowie das G., betr. Anderung. des Wahlver-
fahrens vom 29. Juni 1893 (GS. 103) und das
Wahlreglement vom 14. März 1903 (Ml. 146)
im wesentlichen folgendes.
Die Urwähler (s. IV) wählen Wahl-
männer, die Wahlmänner die Abge-
ordneten. Auf jede Vollzahl von 250 Seelen
ist ein Wahlmann zu wählen. Zu diesem
Zwecke werden Urwahlbezirke gebildet, von
denen ein jeder nicht weniger als 750 und
nicht mehr als 1749 Seelen — nach der letzten
Volkszählung mit Einschluß der Miilitärbe-
völkerung berechnet — enthalten soll. Die
Urwähler eines jeden Urwahlbezirkes, und
zwar — abweichend von dem früheren Ver-
fahren — auch in den Gemeinden mit mehreren
Urwahlbezirken, werden nach Maßgabe der
von ihnen zu entrichtenden direkten Staats-,
Kreis-, Bezirks= und Provinzialsteuern in drei
Abteilungen geteilt dergestalt daß auf jede Ab-
teilung ein Dritteil der Gesamtsumme der Steuer-
beträge aller Urwähler entfällt. Die Urwähler,
auf welche die höchsten Steuerbeträge bis zum
Belaufe eines Dritteils der Gesamtsteuer fallen,
bilden die erste, die Urwähler, auf welche die
anderen beiden Dritteile entfallen, dement-
sprechend die zweite und dritte Abteilung. Für
jede nicht zur Staatseinkommensteuer veran-
lagte Person ist an Stelle dieser Steuer ein
Betrag von 3 M. in Ansatz zu bringen. Wo
direkte Gemeindesteuern nicht erhoben werden,
treten an deren Stelle die vom Staat veran-
lagten Grund-, Gebäude= und Gewerbesteuern.
Urwähler, welche zu einer Staatssteuer nicht
veranlagt sind, wählen stets in der dritten Ab-
teilung. Müssen danach Wähler, welche nach
den von ihnen entrichteten Steuern in die erste
oder zweite Abteilung kommen würden, der
dritten Abteilung zugewiesen werden, und ver-
ringert sich dadurch die auf die beiden anderen
Abteilungen entfallende Steuersumme, so wird
die übrigbleibende Gesamtsteuersumme geteilt
und danach die erste und zweite Abteilung
gebildet (V. vom 30. Mai 1849 88 4, 10, 12;
G. vom 29. Juni 1893 §§ 1—4; Regl. vom
14. März 1903 §§8 2, 3, 5). Jede Abteilung
wählt aus den Urwählern des Urwahlbezirks,
jedoch ohne Beschränkung auf die einzelnen
Abteilungen, ein Dritteil der zu wählenden
Wahlmänner. Ist die Zahl der letzteren durch
drei nicht teilbar, so wählt bei vier Wahl-
männern die zweite, bei fünf die erste und
dritte je zwei Wahlmänner.
Die Wahl der Wahlmänner erfolgt durch
mündliche Stimmabgabe zu Protokoll. Ge-
wählt ist dersenige, welcher die absolute Mehr-
heit erhält. Wird eine solche im ersten Wahl-