Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Bürgermeistereiverbände und -versammlungen — Bürgerrecht. 
selben Wege, wie die Bildung gemeinschaft- 
licher Polizeibezirke nach § 64 Abs. 1 u. 2 
daselbst erfolgt, wieder aufgelöst werden. 
Über die hierbei etwa notwendig werdende 
Auseinandersetzung (s. d.) zwischen den 
beteiligten Landgemeinden und Gutsbezirken 
beschließt in Ermangelung einer Einigung unter 
ihnen der Kreisausschuß, vorbehaltlich der 
den Beteiligten gegeneinander zustehenden 
Klage im Verwaltungsstreitverfahren. 
Bürgermeistereiverbände und -versamm- 
lungen (Rheinprovinz). I. Nach §7 GemO. 
sar die Rheinprovinz vom 23. Juli 1853 
GS. 523) können mehrere Landgemeinden 
einen Verwaltungsbezirk unter einem Bürger— 
meister bilden. Die Bürgermeisterei kann 
auch aus einer Gemeinde bestehen, wenn 
diese von dem Umfange ist, um dem Zwecke 
einer Bürgermeisterei für sich allein zu ge— 
nügen. Die Landbürgermeisterei ist hiernach 
zunächst ein staatlicher Verwaltungsbezirk. 
Sie bildet aber zugleich in Ansehung solcher 
Angelegenheiten, welche für alle zu der Bür- 
germeisterei gehörigen Gemeinden ein ge- 
meinschaftliches Interesse haben, einen Kom- 
munalverband mit den Rechten einer Gemeinde. 
Welche Angelegenheiten Gegenstand dieses 
Kommunalverbandes sein sollen, wird durch 
Beschluß der Bürgermeistereiversammlung 
unter Genehmigung des Kreisausschusses fest- 
gestellt, soweit diese Angelegenheiten nicht 
durch Gesetzliche Vorschrift besonders bestimmt 
sind (Gem O. § 8; 3G. 8 31 Abs. 1). Die aus 
mehreren Gemeinden zusammengesetzte Bürger- 
meisterei stellt eine Samtgemeinde (s. d.) dar. 
Eine Abänderung der Landbürgermeistereien 
kann nach 8 KrO. vom 30. Müai 1887 
(GS. 209) durch den Md J. im Einvernehmen 
mit dem Bezirksausschusse nach vorheriger 
Anhörung der Beteiligten und des Kreistages 
erfolgen. Die Bürgermeisterei kann auf Grund 
eines Beschlusses der Bürgermeistereiversamm- 
lung mit Genehmigung des Kreisausschusses 
einen Gesamtarmenverband (s. d.) bilden und 
durch einen vom Regierungspräsidenten ge- 
nehmigten Beschluß die Gemeindekrankenver- 
icherung für die Gemeinden ihres Bezirks 
übernehmen. — Die Bedürfnisse der B. sind 
Lasten der Einzelgemeinden, deren Beitrags- 
verhältnis durch den Kreisausschuß festgesetzt 
wird. Jede Gemeinde hat ihren Anteil ebenso 
wie alle Gemeindebedürfnisse aufzubringen. 
Die Verteilung auf die Gemeinden erfolgt, 
wenn nicht besondere Verhältnisse ein anderes 
notwendig machen, z. B. wenn die einzelnen 
Gemeinden ein ungleiches Interesse an der 
Ausgabe haben, nach Maßgabe der Staats- 
steuern (Gem O. § 113), zu denen auch die vom 
taate veranlagten Grund-, Gebäude= und 
Gewerbesteuer zu rechnen ist. 
Die Organe des B. sind der Bürger- 
meister (s. d. UIb) und die Bürgermeisterei- 
versammlung. Letztere ist in denjenigen 
ürgermeistereien, die nur aus einer Ge- 
meinde bestehen, vom Gemeinderate (s. d.) 
nicht verschieden. In den übrigen wird sie 
gebildet 1. aus den meistbegüterten Grund- 
igentümern (s. Gemeindevertretung); 2. 
en Vorstehern der zur Bürgermeisterei gehöri- 
  
  
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gen Gemeinden vermöge ihres Amts und 3. 
aus gewählten Abgeordneten. Jede Gemeinde 
sendet einen Abgeordneten. Sind aber die 
einzelnen Gemeinden von sehr ungleicher 
Größe, so tritt bei den stärker bevölkerten 
Gemeinden auf Beschluß des Kreisausschusses 
(Z . 8 32) eine Vermehrung der Abgeordneten 
ein. Die Bürgermeistereiversammlung muß 
aus wenigens zwölf Mitgliedern bestehen. 
VDötigenfalls werden auf Beschluß des Kreis- 
ausschusses aus den einzelnen Gemeinden 
mehrere Abgeordnete entsendet. Die Abge- 
ordneten werden vom Gemeinderat einer jeden 
Gemeinde aus seiner Mitte gewählt und 
bleiben so lange Mitglieder der Versammlung, 
als sie dem Gemeindeamt angehören. Die 
Mitgliedschaft eines in den Gemeinderat ge- 
wählten Gemeindeverordneten erlischt aber 
mit Ablauf der Wahlperiode. Durch die 
Wiederwahl in den Gemeinderat wird eine 
Mitgliedschaft für die Bürgermeistereiver- 
sammlung nicht wieder begründet. Die Bei- 
geordneten werden zu den Beratungen der 
Bürgermeistereiversammlung eingeladen, haben 
sedoch als solche in ihr RBein Stimmrecht 
(GemO. 8 110). 
III. Die Zuständigkeit der Bürgermeisterei- 
versammlung erstreckt sich hauptsächlich auf die 
Wahl der Unterbeamten und des Gemeinde- 
einnehmers der Bürgermeisterei (KrO. § 20), 
die Aufttelhung des Aormalbesoldungsetats 
(GemO. 8§ 107) und die Vertretung der Bürger- 
meisterei in ihren Kommunalangelegenheiten 
(GemO. 8§ 109), wobei auf sie die Vorschriften 
über die Rechte und Verhältnisse des Ge- 
meinderats (s. d.) und über die Befugnisse 
und Geschäftsverhältnisse des Bürgermeisters 
und des Gemeinderats und der Aufsichtsbehör- 
den Anwendung finden (GemO. 8§ 111). Sie hat 
sich über das Verhältnis, in welchem die ein- 
zelnen Gemeinden zu den gemeinschaftlichen 
Bedürfnissen der Bürgermeisterei beizutragen 
haben, zu äußern (GemO. 8§ 113). Den Vor- 
sitz in der Bürgermeistereiversammlung führt 
der Bürgermeister, bei dessen Verhinderung 
der stellvertretende Beigeordnete, mit vollem 
Stimmrecht und bei Stimmengleichheit mit 
entscheidender Stimme. Ist auch der Stell- 
vertreter verhindert, so hat der älteste Ge- 
meindevorsteher den Vorsitz zu übernehmen 
(HemO. § 112). 
Bürgermeistereiverfassung s. Städteord- 
nungen. 
Bürgerrecht. I. Begriff. Das B. umfaßt 
das Recht zur Teilnahme an den Wahlen und 
die Befähigung zur Ubernahme unbesoldeter 
Amter in der städtischen Gemeindeverwaltung 
und zur Gemeindevertretung. In der Prov. 
Hannover berechtigt die Zugehörigkeit zu der 
Bürgerschaft, die hier noch in geschlossenem 
Verbande als besonderer, den Kern des Ge- 
meinwesens bildender Stand erscheint ((. 
Bürger), auch zur Teilnahme an der Autzung 
des Bürgervermögens. 
II. Erwerb. Ein selbständiger Mann er- 
wirbt das B. innerhalb der preuß. Städte — 
ausschließlich derjenigen der Prov. Hannover — 
ohne besonderen Erwerbsakt durch die alleinige 
Tatsache, daß die gesetzlich hierfür vorgesehenen
	        
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