Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Chausseebau-Unterhaltungsfonds. 
z. B. in Hannover bei den Landstraßen oder in 
Schleswig-Holstein bei den Aebenlandstraßen, 
einem bestimmten Pflichtigen gesetzlich obliegt 
(OV. 2, 267; 3, 184; 10, 175; 11, 214; 16, 
221; 24, 207; vgl. bei Germershausen Wege- 
recht, 2. Aufl. 1, 373). Abgesehen von diesen 
Fällen beruht der Neubau der Chausseen aus- 
schließlich auf Freiwilligkeit. A#cht einmal die 
Ausführung eines auf den Neubau einer Kunst- 
straße gerichteten Beschlusses eines Kommunal-= 
verbandes ist wegepolizeilich erzwingbar. Dritte, 
insbesondere die ordentlichen Wegebaupflich- 
tigen, haben beim RNeubau von Kunststraßen 
nur insoweit mitzuwirken, als sie gesetzlich da- 
zu besonders verpflichtet sind. So nach ALR. 
II. 15 § 17, der die Hilfe der Einwohner in 
demselben WMaße vorsieht, wie sie bei Anlegung 
wahrlicher andstraßen Dienste tun müssen 
O. 35, 244; 36, 247). Diese an sich nur 
dem Staate gegenüber bestehende Verpflichtung 
(OV. 22, 199) ist nach der Ablösung der 
staatlichen Landstraßenunterhaltungspflicht sei- 
nen Rechtsnachfolgern gegenüber aufrecht er- 
halten für Westpreußen durch § 46 der Wege- 
ordnung für diese Provinz vom 27. Sept. 1905 
(GS. 357), während sie für Sachsen durch § 44 
der dortigen Wegeordnung vom 11. Juli 1891 
(GS. 316) beseitigt ist. Das Mähere in betreff 
der übrigen Landesteile vgl. bei Germers- 
hausen a. a. O. 1, 397. Auch zu den Kosten 
der Umwandlung eines Weges in eine Chaussee 
hat der ordentliche Wegebaupflichtige nicht 
beizutragen (O. 36, 247). 
II. Zur Erleichterung des Zustandekommens 
neuer Chausseen werden im Gebiete des 
R. auf Antrag unter bestimmten Voraus- 
setzungen die sog. fiskalischen Vorrechte 
verliehen. Sie bestehen in der Anwendung 
der zusätzlichen Vorschriften zum Chausseegeld- 
tarif vom 29. Febr. 1840 (GS. 94), der gelten- 
den gesetzlichen Schutzbestimmungen und der 
Vorschriften über die Verpflichtung zur Schnee- 
räumung auf die betreffende Straße. Außerdem 
wurde vor dem Inkrafttreten des Dotations= 
gesetzes von der Staatsbauverwaltung beim 
eubau von Chausseen die Erfüllung gewisser 
edingungen von den beteiligten Gemeinden 
und Gutsbezirken verlangt, die in den sog. 
otherschen Bedingungen vom 8. Vor. 
„abgedrucht bei Germershausen a. a. O. Bd. 2 
6691, zusammengefaßt sind. Sie bilden auch 
Wenwärtig noch vielfach die Grundlage der 
#n machungen über die Leistungen der Inter- 
denten zum Chausseebau. Sie regeln in §8 1 
ss Entnahme von Baustoffen zum Chaussee 
annt die Anlegung von Hilfswegen, Wasser- 
däleitungen bei Lagerplätzen und in 8§§ 2 ff. 
Grnentgeltliche Hergabe des erforderlichen 
und und Bodens zur Chaussee, zu Ablage- 
heb#s- und Lagerplätzen, zu Chausseegeld-Er- 
d er #gshäusern und zu Baumschulen, sowie 
en m Gelände der durch den Chausseebau 
soffehrlich werdenden Wege vorhandenen Bau- 
imlle ferner die Herstellung von Luftstreifen 
die Qalde, von Seitenbrücken und Abfahrten, 
Gar# ehandlung hinwegfallender Hof= und 
nen enbewässerungen, Wasserleitungen, Brun- 
den U endlich den Wegfall aller bestehen- 
erkehrsabgaben. Wegen des Rechts zur 
  
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Entnahme von Wegebaumaterial vgl. das 
Aähere unter Baustoffe. 
III. Auf Grund des § 4 des Dotationsgesetzes 
vom 8. Juli 1875 (GS. 497) und § 1 des G. 
vom 2. Juni 1902 (GS. 167) liegt den Pro- 
vinzial (Bezirks= verbänden ob, den Aeu- 
bau chaussierter Wege zu fördern. Dies ge- 
schieht durch Gewährung von Bauprämien, 
zum Teil auch durch Vorhaltung des höheren 
und niederen technischen Personals, sowie durch 
die Ubernahme der von Gemeinden oder Kreisen 
normativmäßig ausgebauten Chausseen in die 
Unterhaltung der Provinz. Die dafür maß- 
gebenden Grundsätze sind gemäß § 25 a. a. O. 
in sämtlichen Provinzen festgestellt. 
IV. Für den Bau der Chausseen sind 
technische Normativbestimmungenr erlassen. 
Für die Staatschausseen waren sie in der 
Anw. vom 6. April 1834 (abgedruckt bei 
von Bönne, Wegepolizei S. 231) und in der 
Instr. zur Aufstellung der Frofeate und 
ostenanschläge vom 17. çMai 1871 (abgedruckt 
bei Germershausen a. a. O. 2, 30 ff.) enthalten. 
Seit dem Ubergange der Staatschausseen auf 
die Provinzial (Qommunal= verbände ordnen 
diese die technische Seite des Kunststraßenbaus 
selbständig durch Provinzialreglements 
auf Grund des § 25 des Dotationsgesetzes 
vom 8. Juli 1875 (GS. 497) gemäß § 120 der 
Prov O. vom 29. Juni 1875 und den ent- 
sprechenden Bestimmungen der Provinzial- 
ordnungen für Hannover, Hessen-Aassau, West- 
falen, die Rheinprovinz, Schleswig-Holstein 
und Posen. Für Posen vgl. noch O. 39, 
236. Die Normativbestimmungen für den Bau 
der Provinzialchausseen gelten durchweg auch 
für die mit Unterstützung der Provinz 
ausgeführten Kreis= und Gemeindechausseen. 
Für den Runstmäßigen Ausbau von Wegen, 
den Kreise oder Gemeinden ohne Provinzial- 
unterstützung ausführen, sind sie nicht maß- 
gebend. Hier entscheidet allein das wegepoli- 
zeiliche Ermessen. Falls solche Wege Kunststraßen 
im Rechtssinn werden sollen, hat es außerdem 
der Oberpräsident in der Hand, die Anerken- 
nung gemäß § 12 Ziff. 3 des G. vom 20. Juni 
1887 (GS. 301) von der Erfüllung der Nor- 
matiobestimmungen abhängig zu machen. 
V. Beim Umbau eines bestehenden öffent- 
lichen Weges zur Kunststraße muß in Ermange- 
lung anderweiter Abmachungen der Unter- 
nehmer den Grund und Boden und die im 
Wege vorhandenen Baustoffe vom Eigentümer 
des Weges erwerben (A#. II, 15, 88 18, 19 
und Mestr. vom 19. März 1843 — M./lI. 
298 — und vom 21. Nov. 1869 — M.l. 291). 
Die Verpflichtungen der zum Wegebau dienst- 
pflichtigen Einwohner dürfen durch die Um- 
wandlung gegen ihren Willen nicht erschwert 
werden (ALR. II, 15 § 17). S. auch Chaussee- 
verwaltung und Aufsicht, Kunststraßen, 
Anlegung von öffentlichen Wegen. 
Chausseebau-Unterhaltungsfonds. Die 
Mittel zum Bau und zur Unterhaltung der 
Staatschausseen wurden bis zum Schlusse des 
Etatsjahres 1875/76, dem Zeitpunkte des Uber- 
anges der Staatschausseen auf die Provinzial- 
Bezirks-hverbände, im Etat der allgemeinen 
Bauverwaltung, und zwar die Aeubaumittel 
21“
	        
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