Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Akademische Grade. 
vielfach auch in der juristischen Fakultät 
vor (s. a. a. O.). Dies ist nicht mehr üblich. 
Ebenso wurde in der philosophischen Fakul- 
tät eine niedere Würde eines Magisters er- 
teilt (s. z. B. für Münster die unter Univer- 
sitäten I a. E. erwähnte AOrder vom 23. Juli 
1844). Auch diese ist meist außer Gebrauch 
gekommen, sedenfalls wird dieselbe nie für 
sich allein, sondern stets in Verbindung mit 
der Doktorwürde gewährt (s. den Auszug aus 
den jetzt geltenden Satzungen der philos. 
Fakultät in Münster 1903 § 1). Die Doktor- 
würde wird in seder Fakultät teils durch 
feierliche Promotion, teils mittels bloßer lber- 
reichung des Diploms erteilt, und ist die letztere 
der ersteren völlig gleich zu achten (s. Berliner 
Universitätsstatuten IX 88 3 ff.). Sie wird ge- 
gegeben an Akänner von ausgezeichneten Ver- 
diensten um die Wissenschaften ohne weitere 
Leistungen honoris causa in der Regel auf be- 
gründeten Antrag eines Fakultätsmitgliedes 
und auf einstimmigen Beschluß der Fakultät 
(s. die einzelnen Fakultätsstatuten). Mit Ge- 
nehmigung des Miinisters kann sie nicht bloß 
wegen wissenschaftlicher Leistungen, sondern auch 
wegen anderer Verdienste um die Wissenschaft 
gewährt werden (s. z. B. die münstersche Pro- 
motionsordnung für die rechts= und staats- 
wissenschaftliche Fakultät vom 1. Aug. 1903 
§5 11). In den theologischen Fakultäten ist 
nur die Dokhtorwürde honoris causa üblich. 
Denn „zu den Erfordernissen des theologischen 
Doktorats ist neben anerkanntem khirchlichen 
oder theologisch = wissenschaftlichen Verdienst 
auch noch eine höhere kirchliche oder akade- 
mische Stellung oder ein ehrwürdiges Alter 
zu rechnen“ (MlE. vom 28. Jan. 1840). Eine 
Bewerbung ist daher nicht gebräuchlich. 
Die Vorschriften über die Erlangung der 
akademischen Würden sind im einzelnen in 
den Universitäts= und Fakultätsstatuten und 
in den auf Grund derselben erlassenen Pro- 
motionsordnungen genau bestimmt. Neuer- 
dings sind insbesondere rücksichtlich der medi- 
zinischen und philosophischen Doktorpromo= 
tionen Vereinbarungen mit den übrigen deut- 
chen Bundesstaaten über die Anwendung 
gemeinsamer Grundsätze geschlossen, und es 
ist hiernach auf eine Anderung der betreffen- 
den Universitäts- und Fakultätsstatuten hin- 
Gewiret, 
e Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte 
nach § 33 StGCB. zieht auch den Verlust des 
oktortitels nach sich. Der Regierungspräsident 
lenachrichtigt die Fakultät (ME. vom 13. März 
95, U 1 301), welche das Diplom zurüchzieht 
und dies bekannt macht (ME. vom 4. Juli 1893, 
3 Ul 9039. 
# II. In der evangelisch-theologischen 
akultät ist Erfordernis der Bewerbung um 
sen Lizentiatengrad in der Regel ein drei- 
briges theologisches Studium nach erlangtem 
h fezeugnis, ferner die Einreichung einer Ab- 
zandlung über einen selbstgewählten Gegen- 
unnd aus derjenigen theologischen Disziplin, 
uncher der Kandidat seine Kräfte besonders 
en men will. Werden die Ausweise für ge- 
gend erachtet, so findet eine mündliche 
rüfung vor der ganzen Fakultät statt. In 
  
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derselben ist zu erforschen, ob der Kandidat 
einen genauen und gründlichen Uberblick über 
das ganze Gebiet der theologischen Wissen- 
schaft, zugleich in der exegetischen und histo- 
rischen Theologie oder auf einem dieser beiden 
Felder eine eindringendere, auf die nötigen 
philologischen, historischen und philosophischen 
Grundlagen gestützte und durch Denken an- 
geeignete Kenntnis besitzt. Ist die Abstim- 
mung günstig, wobei aber der Dekan im 
Falle der Stimmengleichheit keine entscheidende 
Stimme hat (ME. vom 5. Juni 1844), so 
findet eine öffentliche Disputation über die 
Abhandlung sowie einzelne Thesen statt, und 
falls sich hieraus keine Bedenken ergeben, die 
feierliche Promotion unter Lberreichung des 
Diploms. Genaue Vorschriften sind über den 
Druck der Dissertation und über die Gebühren 
gegeben (L. Bonner Fakultätsstatuten §8§ 31 ff.; 
erliner §§ 87 ff.; Hallenser von 1885 S§§ 24 ff.; 
Königsberger §8§ 62 ff. uff.). 
III. Die katholisch-theologische Fakul- 
tät fordert außerdem, daß der Bewerber um 
die Lizentiatenwürde wenigstens eine der 
höheren Weihen zum geistlichen Stande er- 
halten haben, mithin Subdiakon sein muß 
und wenigstens ein Semester auf der Univer- 
sität studiert hat, wenn er auch seine Studien 
auf einer andern anerkannten theologischen 
Lehranstalt, insbesondere auf einem bischäöf- 
lichen Seminar gemacht hat (s. Bonner Fakul- 
tätsstatuten §8§ 32 ff.; Breslauer 88§ 35 ff.; die 
münsterschen Statuten § 48 erwähnen nicht die 
Subdiakonatsweihe). 
IV. Die juristischen Fakultäten erteilen 
die Würde eines Doctor juris utriusque. Der 
Bewerber muß auf Grund des Reifezeugnisses 
drei Jahre auf einer Universität studiert haben, 
eine Dissertation einreichen, über welche er zu 
disputieren gedenkt, und vor versammelter 
Fakultät ein mündliches Examen ablegen, 
welches sich über alle Zweige der Rechts- 
wissenschaft erstrecht und eingehender die- 
jenigen Fächer behandelt, denen der Kandidat 
sich vorzugsweise gewidmet hat (s. z. B. Bonner 
Fakultätsstatut 88 34 und ME. vom 
31. Dez. 1883; Berliner 88 87 ff.). Einzelne 
Statuten, so die Königsberger § 94, die Bres- 
lauer § 69, kennen auch noch eine schriftliche 
Vorprüfung über Erklärung von Texten aus 
dem römischen, Ranonischen und deutschen 
Recht, die Berliner Statuten § 93 nur, wenn 
die eingereichte Arbeit für ungenügend befunden 
ist. Die Disputation und Promotion erfolgt 
in der üblichen Weise. Besonders geordnet ist 
die Angelegenheit für die neue rechts= und 
staatswissenschaftliche Fakultät in Münster 
durch die Promotionsordnung vom 1. Aug. 
1903, die bestimmt: (§ 1) Die Fakultät erteilt 
die Würden eines Doktors der Rechte (Doctor 
juris utriusque) und eines Doktors der Staats- 
wissenschaften (Ooctor rerum politicarum). 
(§ 2) Die Verleihung dieser Würden erfolgt 
auf Grund der Vorlegung einer von dem Be- 
werber verfaßten wissenschaftlichen Abhand- 
lung über ein von ihm gewähltes Thema 
(Dissertation) und auf Grund einer eingehen- 
den mündlichen Prüfung. Die beiden Grade 
werden nicht zusammen verliehen, sondern
	        
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