570
lohn erhalten, was nur bei Unterbringung in
einem Beschäftigungsverhältnis außerhalb der
Anstalt der Fall sein wird; erhalten sie je-
doch auch für ihre Tätigkeit in der Anstalt
selbst Barlohn, was schon beim Bezuge sog.
Arbeitsprämien anzunehmen sein wird (ogl.
A. 1900, 829 Ar. 846), so besteht eben-
falls ein versicherungspflichtiges Arbeitsver-
hältnis. Zur Weiterversicherung (s. d.) sind sie
in derselben Weise wie jeder, der eine frühere
Pflichtversicherung fortsetzen oder erneuern will,
berechtigt, also gleichviel, ob sie Lohn erhalten
oder nicht. Auch zur Selbstversicherung (s. d.)
würden sie berechtigt sein, wenn sie eine Be-
schäftigung ausüben, für welche als Entgelt
freier Unterhalt gewährt wird.
IX. Aach der im MdFJ. bearbeiteten, 1906
veröffentlichten Statistik über die F. Minder-
jähriger für das Rechnungsjahr 1904 hat die
Zahl der der F. überwiesenen Minderjäh-
rigen betragen: 1901 = 7787 (4949 männlich,
2838 weiblich), 1902— 6196 (4133 m., 2063 w.),
1903—6523 (4359 m., 2164 w.) und 1904 -6458
(4303 m., 2155 w.). Am 31. Alärz 1905 blieb
ein Bestand an Fürsorgezöglingen von 25739
(17006 m., 8733 w.), wozu 8098 (6526 m.,
1572 w.) auf Grund des G. vom 13. März
1878 überwiesene Jugendliche, soweit sie noch
in F. waren, hinzutraten. Davon waren
untergebracht in Anstalten 8821 m. und 4912 w.
bzw. 1507 m. und 387 w., in Familien 6702 m.
und 3305 w. bzw. 4959 m. und 1185 w.; der
Rest war entwichen, im Gefängnis oder noch
nicht endgültig untergebracht. Die Gesamt-
kosten der F. haben sich im Rechnungssahre
1904 auf 5978021,13 M. belaufen, wovon
der Staat 3 802 363,906 M. und die Kom-
munalverbände 2175657,17 M. trugen.
X. In naher Beziehung zur F. stehen die
neueren Bestrebungen, ein Landeswohl-
fahrtsamt zu schaffen, welches die Volks-
wohlfahrtspflege im Inlande beobachten, Vor-
schläge auf diesem Gebiete ausarbeiten und
bei größeren Unglücksfällen die freiwillige
Hilfstätigkeit leiten soll. Diesen Bestrebungen
wird (vgl. Etat des HM. für 1906 S. 44 im
gedruchten Staatshaushaltsetat) durch Um-
wandlung der Zentralstelle für Arbeiterwohl-
fahrtseinrichtungen in eine solche für Volks-
wohlfahrt entsprochen werden.
Fürsorger. Der Erfolg der Fürsorgeerziehung
¶. d.) ist bei der Unterbringung in einer
Familie, selbst deren Geeignetheit vorausgesetzt,
durch eine zwechmäßige und sorgfältige Auf-
sicht über das Verhalten des Zöglings und
seiner Behandlung bedingt. Der § 11 des G.
vom 2. Juli 1900 (GS. 264) ordnet deshalb
an, daß für jeden in einer Familie unter-
gebrachten Zögling zur Uberwachung seiner
Erziehung und Pflege von dem verpflichteten
Kommunalverband ein F. zu bestellen ist;
hierzu können auch Frauen bestellt werden.
Der F. ist weder ein Vormund noch ein
Pfleger. Er steht deshalb nicht unter der
Aufsicht des Waisenrats. Eine unmittelbare
Zwangsgewalt hat er nicht, sondern er kann
nur durch den Einfluß seiner Persönlichkeit
wirken und von seinen Wahrnehmungen dem
Kommunalverbande Anzeige machen, der dann
Fürsorger — Fürsten.
das Weitere zu veranlassen hat. Das Amt
des F. ist ein Ehrenamt; notwendige Aus-
gaben sind ihm aus der Staatskasse zu er-
statten Ausführungsbestimmungen vom 18.Dez.
1900 — AM. 1901, 27 — Ziff. VII u. VIII;
#f., betr. die Entschädigungen für die Uber-
wachung der in Erziehungsanstalten aufge-
nommenen Zwangserziehungspflichtigen, vom
1. April 1902 — MBl. 68).
Fürsten. I. Die Stellung der deutschen Für-
stenhäuser in ihren öffentlichrechtlichen Be-
ziehungen zum Deutschen Reiche und zu Preußen
ist eine verschiedene, se nachdem es sich handelt
um ad die Häuser der regierenden deutschen F.;
b) das Fürstliche Haus Hohenzollern; c) das
vormalige Kgl. Haus Hannover, das vor-
malige Rurfürstliche Haus Hessen, das vor-
malige Herzogl. Haus Aassau und das Herzogl.
Holsteinsche Fürstenhaus;c die vormals reichs-
unmittelbaren bzw. die ihnen gleichgestellten
fürstlichen und gräflichen Häuser; e) die sonstigen
landsässigen Fürstenhäuser.
a) Die Häupter der souveränen deut-
schen Fürstenhäuser, die Bundesfürsten (wegen
ihrer staatsrechtlichen Stellung zum Reiche s.
Reichsverfassung und Bundesrat), ge-
nießen als Landesherren einen besonderen
strafrechtlichen Schutz (88 81 ff., 94 ff., 98 ff.,
auch § 360 Nr. 7 St GB.); ihnen, sowie ihren
Gemahlinnen und Witwen steht Freiheit von
Post= und Telegraphengebühren zu (Porto-
freiheitsgesetz vom 5. Juni 1869 § 1 und V.
vom 2. Juni 1877 § 5 Ziff. 1). Freiheit von
der preuß. Stempelsteuer kann den Häuptern
bei Reziprozität gewährt werden (LSt G. vom
31. Juli 1895 § 5 Abs. 2). Im übrigen ge-
nießen die Häupter und die Mitglieder der
souveränen deutschen Fürstenhäuser alle die-
jenigen Vorrechte, welche bei König und
RKönigliches Haus unter III aufgeführt sind,
soweit sie sich aus der Reichsgesetzgebung er-
geben.
b) Das Fürstliche Haus Hohenzollern hat
zunächst alle Vorrechte der vormals Reichsun-
mittelbaren (s. d.). Außerdem stehen ihm die
Vorrechte der souveränen Häuser zu in bezug
auf die Exemtion von dem BEB., soweit Haus-
gesetze oder Landesgesetze abweichende Bestim-
mungen enthalten (Ec BB. Art. 58); der Ge-
richtsstand in bürgerlichen Bechtsstreitigkeiten
vor dem Geheimen Justizrat (l. d.); Gerichts-
stand in bezug auf freiwillige Gerichtsbarkeit
vor dem Hauseminister (s. Hausministeriumz;
die Vorrechte in bezug auf gerichtliche Verneh-
mungen, Eidesleistungen und Erscheinen vor
Gericht (s. König und Königliches Haus IIh
Befreiung von der Einkommensteuer (Eink-
St G. 8 3), sowie von der Gemeindeeinkommen=
steuer (&A#G. § 40 Ziff. 1) und Naturaldiensten
(§& 68 a. a. O.; Vorrechte der öffentlichen Be-
hörden für die fürstliche Hofüammer in den
Hohenzollernschen Landen (AE. vom 14. Aug.
1852 — GS. 771 — unter 2). Das Haupt der
Fürstlichen Familie Hohenzollern ist erbliches
Mitglied des Herrenhauses (V. vom 12. Okt.
1854 — G8. 541 — 8§.2 Ziff. 1).
c) Die vormaligen Häuser Hannover,
Hessen und Nassau, sowie das Herzogl.
Holsteinsche Fürstenhaus (G. vom 25. März