Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

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auf Grund ordnungemäßiger Beschlüsse des 
Amtsausschusses zu besonderen Zwecken be- 
willigt sind, diesem Rechnung zu legen. Die 
Festsetzung der einem kommissarischen Amts- 
vorsteher zu gewährenden Remuneration er- 
folgt ebenfalls nach Anhörung der Beteiligten 
durch den Rreisausschuß. 
Amtsverfassung (Westfalen). Nach Ld. 
für die Prov. Westfalen vom 19. März 1856 
(G# 265) bilden dort mehrere Gemeinden 
nebst den ihnen gleichgestellten selbständigen 
Gütern (s. Gutsbezirke) einen als Amt 
bezeichneten Verwaltungsbezirk, dem ein Amt- 
mann (s. d.) vorsteht. Doch hann das Amt 
auch aus einer Gemeinde bestehen. Das Amt 
ist jedoch nicht lediglich staatlicher Verwaltungs- 
bezirk. Es kann zugleich für solche Ange- 
legenheiten, die für alle zu ihm gehörigen 
Gemeinden ein gemeinschaftliches Interesse 
baben: einen Kommunalverband mit den 
echten einer Gemeinde bilden (§ 5). Es stellt 
sich dann als eine Samtgemeinde (s. d.) dar. 
In diesen Kommunalangelegenheiten wird es 
durch die Amtsversammlung vertreten. In 
den Amtern, die nur aus einer Gemeinde be- 
stehen, ist die Amtsversammlung von der Ge- 
meindeversammlung nicht verschieden. In den 
übrigen Amtern wird sie gebildet: 1. aus den 
Vorstehern der zum Amte gehörenden Ge- 
meinden und selbständigen Gutsbezirke; 2. aus 
gewählten Amtsverordneten, von denen 
aus jeder Gemeinde mindestens einer von der 
Gemeindeversammlung zu wählen ist. Die 
Zahl der aus der Gemeinde zu wählenden 
Mitglieder der Amtsversammlung und der 
den Vorstehern selbständiger Gutsbezirke in 
der Amtsversammlung einzuräumenden Stim- 
men ist mit besonderer Rüchsicht auf die Ein- 
wohnerzahl und Steuerkraft durch ein Amts- 
statut festzusetzen (KrO. für Westfalen vom 
31. Juli 1886 — GS. 217 — § 24). Wer nicht 
zum Gemeindeverordneten gewählt werden 
darf, Kann auch nicht Amtsverordneter sein 
(OV. 22, 8). Welche Angelegenheiten Ge- 
genstände der Verwaltung des Amts sein 
sollen, hat die Amtsversammlung zu beschließen, 
sofern hierüber nicht durch besondere gesetzliche 
Vorschrift bestimmt worden ist. Doch ist, wenn 
eine Angelegenheit bisher nicht zu diesen 
Gegenständen gehört hat, die Zustimmung der 
Gemeinden und der Besitzer der selbständigen 
Gutsbezirke erforderlich. Der Beschluß der 
Amtsversammlung unterliegt der Genehmigung 
des Kreisausschusses. Für einzelne bestimmte 
Angelegenheiten, bei denen mehr als eine, 
aber nicht alle Einzelgemeinden eines Amtes 
ein gemeinschaftliches Interesse haben, kann 
mit Zustimmung der beteiligten Gemeinden 
und Gutsbezirke ein besonderer Verband ge- 
bildet werden. Diese Angelegenheiten gehören 
alsdann zum Geschäftshreis des Amtmanns 
(I. d. und der Amtsversammlung, jedoch haben 
die Vertreter der nicht beteiligten Gemeinden 
darüber nicht mitzubeschließen (LGO. 8 5). 
Auf die Amtsversammlung und ihre Beschlüsse 
finden die Vorschriften über die Gemeindever- 
sammlung (s. d.) und ihre Beschlüsse entspre- 
chende Anwendung. ESbenso gelten hinsichtlich 
der Amtseinkünfte, des Etats= und Rechnungs- 
  
Amtsverfassung — Amtsvergehen und Sverbrechen. 
wesens der Amter, der das Amt verpflichtenden 
Urkunden und der Prozeßvollmachten dieselben 
Vorschriften wie für die Gemeinden. Die Ur- 
kunden und Prozeßvollmachten müssen jedoch 
von dem Amtmann und dessen Beigeordneten 
oder statt des letzteren von einem Mitgliede 
der Amtsversammlung vollzogen werden (8 76). 
Die einzelnen Gemeinden und selbständigen 
Güter haben die Bedürfnisse des Amtes, falls 
sie sich nicht über einen anderen Maßstab 
einigen, nach dem Verhältnisse der direkten 
Staatssteuern zu tragen (§ 77). — Die Ab- 
änderung der Bezirke der Amter erfolgt gemäß 
Kr O. vom 31. Juli 1886 (GS. 217) § 22 durch 
den Minister des Innern im Einvernehmen 
mit dem Bezirksausschuß nach Anhörung der 
Beteiligten und des Kreistages. 
Amtsvergehen und -verbrechen. Die Be- 
amten sollen das ihnen zum Wohle der Staats- 
bürger anvertraute Amt nicht zu deren Be- 
nachteiligung mißbrauchen (ogl. ALR. II, 10 
§ 86). Diesem Grundsatze Rechnung tragend, 
hat das StB. die Verletzung der Amts- 
pflichten in zahlreichen Fällen unter Kriminal- 
strafe gestellt. Die in den §§ 331—359 das. 
aufgeführten Verbrechen und Vergehen im 
Amte sind im einzelnen folgende: 1. Bestechung, 
2. Beugung des Rechts, 3. Mißbrauch der 
Amtsgewalt, 4. Urkundenfälschung, 5. Unter- 
schlagung amtlich anvertrauter Gelder oder 
Sachen, 6. AUberhebung von Gebühren und 
Abgaben, 7. Eröffnung oder Unterdrückung 
von Postsendungen, 8. Verfälschung, Eröffnung 
oder Unterdrüchung von telegraphischen De- 
peschen, 9. Pflichtwidrigkeit der Amtsvorge- 
setzten. Außerdem werden einzelne Handlungen 
härter bestraft, wenn sie von Beamten be- 
gangen werden (s. StcB. §§ 128, 129, 155 
Ziff. 3, 174 Ziff. 2 u. 3). Nach § 359 a. a. O. 
sind unter Beamten im Sinne dieser Bestim- 
mungen zu verstehen alle im Dienste des 
Beichs oder in unmittelbarem oder mittelbarem 
Dienste eines Bundesstaates auf Lebenszeit, 
auf Zeit oder nur vorläufig angestellte Per- 
sonen, ohne Unterschied, ob sie einen Diensteid 
geleistet haben oder nicht, ingleichen Motare, 
nicht aber Advokaten und Anwälte. Wenn 
gegen einen Beamten wegen Verbrechens oder 
ergehens die strafgerichtliche Untersuchung 
eröffnet wird, hat die Staatsanwaltschaft so- 
fort nach Beginn des Hauptverfahrens der 
vorgesetzten Dienstbehörde Aachricht zu geben 
und demnächst ihr die Formel des Urteils mit- 
zuteilen. In Übertretungsfällen unterbleibt 
die Anzeige wegen Einleitung des Verfahrens, 
dagegen ist, sofern rechtskräftig auf Strafe er- 
kannt wird, die Urteilsformel mitzuteilen 
(ME. vom 29. Juni und 14. Okt. 1851 — 
Aßl. S. 132 u. 248; vom 6. Febr. 1857 — 
Ml. 38 — und vom 25. Aug. 1879 — JM/l. 
221). Hinsichtlich des Amtsverbrechens der 
Bestechung ist hier noch folgendes hervor- 
zuheben: Die Annahme von Geschenken 
seitens eines Beamten für Handlungen, die 
eine Verletzung einer Amtspflicht enthalten, 
sowie das Anbieten von Geschenken an Be- 
amte für die Vornahme solcher Handlungen 
ist strafbar (StE B. 8§ 331, 332). Im übrigen 
ist die Annahme von Geschenken für Amts
	        
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