884 Rabinett — Kaiser-Wilhelm-Akademie für das militärärztliche Bildungswesen.
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Kabinett. In der V. vom 27. Okt. 1810
über die Verfassung aller obersten Staats-
behörden (G#S. 3) ist ein Kabinett des Königs,
wie es auch schon früher bestanden hatte,
vorgesehen. Aus demselben sollte die Er-
teilung der Befehle und Entscheidungen des
Königs, soweit solche nicht bei einer persön-
lichen Anwesenheit im Staatsrate erfolgte,
geschehen. Der Staatskanzler, später ein be-
sonderer Kabinettsminister, ein Geheimer Ka-
binettsrat und für Militärangelegenheiten die
hierzu vom Sönige ernannten Militärpersonen
hatten in dem K. ständigen Vortrag. Durch
die Verfassung und insbesondere durch Art. 44
derselben, nach welchem zur Gültigkeit der
BRegierungsahte des Königs die Gegenzeich-
nung eines Ministers erforderlich ist, hat sich
die Stellung des K., welches inzwischen in
ein Zivil= und ein Millitärkabinett geteilt
worden ist, geändert. Der Kabinettsminister
ist in Fortfall genommen und das Geheime
Zivilkabinett, an dessen Spitze der Ge-
heime Kabinettsrat steht, hat im wesentlichen
die Aufgabe, die der Entscheidung des Königs
bzw. des Kaisers unterliegenden und von den
Ressortministern und dem Reichskanzler oder
seinen Stellvertretern vorbereiteten Angelegen-
heiten an Allerhöchster Stelle vorzulegen, bzw.
zum Vortrage zu bringen, und die vollzogenen
Erlasse, sowie sonstige Befehle des Kaisers
und Königs den zuständigen Stellen zu über-
mitteln. Die Funktionen des Militär-
kabinetts, an dessen Spitze der vor-
tragende Generaladjutant des Kaisers steht,
reichen weiter, indem dasselbe außerdem die
Geschäfte der Abteilung für die persönlichen
Angelegenheiten des Kriegsministeriums, ins-
besondere die gesamten Personalien des Offi-
zierkorps, unabhängig vom Kriegsminister
bearbeitet (Kab O. vom 18. März 1883 — AV—
Bl. 56). Für die Kriegsmarine besteht ein
Warinekabinett mit gleichem Wirkungs-
kreise wie das Miilitärkabinett (Erl. vom
30. März 1889 — M.Bl. 771).
Kabinettsorder wird in der Regel als Be-
zeichnung für landesherrliche Erlasse gebraucht,
welche für einen einzelnen Fall oder in An-
sehung eines einzelnen Gegenstandes ergangen
sind, und denen infolgedessen auch vor Erlaß
der Verfassung Gesetzeskraft nicht zukam (ogl.
Einl. z. ALR. 8 5). Indessen besteht aus
älterer Zeit auch eine große Anzahl von als
solche bezeichneten K. mit allgemeinem Inhalt.
Dieselben haben die Natur von Gesetzen, so-
fern sie vorschriftsmäßig verhündet worden
sind (s. Gesetzsammlung).
Kadettenkorps und Kadettenhäuser. Das
RKadettenkorps hat den Zweck, den Söhnen
von Offizieren die Mittel, sowie den Söhnen
aller anderen Zlassen von Staatsangehörigen
die Gelegenheit zur Erziehung und Ausbil-
dung für den Rriegsdienst zu gewähren. Es
bildet die Pflanzschule für das Offizier-
korps des Heeres. Seine Organisation
beruht gegenwärtig auf der AOrder vom
18. Jan. 1877 (AVBl. 21), ergänzt durch A.
vom 9. Mai 1888 (a. a. O. 118). [Aufnahme-
bestimmungen vom 12. Okt. 1899 s. AVBl. 477.]
Das Kadettenkorps ist militärisch geordnet
und besteht aus zwei, dem jeweiligen Alter
der Zöglinge entsprechend organisierten Ab-
teilungen, nämlich: aus den Provinzial-
anstalten zu Bensberg, Köslin, Karlsruhe,
Naumburg a. S., Oranienstein, Plön, Pots-
dam und Wahlstatt mit den Lehrklassen Sexta
bis Obertertia, sowie aus der Hauptanstalt in
Groß-Lichterfelde bei Berlin mit den Lehr-
klassen Unterseiunda bis Oberprima und
einer Selekta, letztere mit eigentlichem Fach-
unterricht. Die einzelnen Klassen von Sexta
bis Prima entsprechen im allgemeinen den
gleichen Klassen eines Realgymnasiums (Lehr-
plan und Lehraufgaben des Kadettenkorps
aufgestellt auf Grund der AkabO. vom
20. März 1902, bei E. S. Mittler in Berlin).
Das KZadettenkorps enthält etatsmäßige
kigl. Stellen und gewährt außerdem Pen-
sionären Aufnahme. Als Pensionäre dürfen
so viele Zöglinge ausgenommen werden, als
die Räumlichkeiten nach erfolgter Aufnahme
der etatsmäßigen Kadetten zulassen. Die Zög-
linge beider Kategorien empfangen Unterhalt,
Bekleidung, Erziehung und Unterricht, ein-
schließlich der Lehrmittel. Sie werden nach
Beendigung der bestehenden Unterrichtskurse
— je nach dem Grade der erworbenen Kennt-
nisse und ihrer Führung — als Offiziere,
Fähnriche oder Gemeine in die Armee einge-
stellt. Für Sachsen und Bayern bestehen be-
sondere Kadettenanstalten.
Kaiser (deutscher). Dem Deutschen K. als sol-
chem stehen bestimmte Ehrenrechte zu, und zwar
neben dem Kaisertitel das Recht zur Führung
der deutschen Kaiserkrone, des Rkais. Wappens
und der kais. Standarte (AE. vom 3. Aug.
1871 Ziff. 2 u. 3 — RNEl. 318). Die von
dem Kaiser ernannten Beamten und Behörden
führen die Bezeichnung „kaiserlich“ (AE. vom
3. Aug. 1871 Ziff. 1). Eine Dotation oder
Zivilliste ist mit der Kaiserwürde nicht ver-
bunden. Wegen des verstärkten strafrechtlichen
Schutzes des K. s. König und Königliches
Haus 1, wegen der verfassungsmäßigen Stel-
lung des K. s. Reichsverfassung Vb.6
Kaiser-Wilhelm-Akademie für das militär-
ärztliche Bildungswesen, das frühere Fried-
rich-Wilhelms-Institut, ist ein militärwissen-
schaftliches, früheer unter dem Ramen Pepiniere
bekanntes Institut zu Berlin, welches dazu be-
stimmt ist, als Pflanzschule für die Sanitäts-
offiziere zu dienen. Die Aufnahmebedingungen
sind Staatsangehörigkeit in den Staaten des
Deutschen Reiches (Bayern ist nicht beteiligtz;
Aachweis der ehelichen Geburt; Lebensalter
nicht über 21 Jahre; Reifezeugnis für das
Universitätsstudium eines deutschen humanisti-
schen oder eines deutschen Realgymnasiums (I(.
auch Berechtigungen der höheren Schu-