Ortsarmenwesen — Ortsgerichte
Armenpflege zu tragen (OVG. 1, 147). Steht
der Gutsbezirk nicht ausschließlich in seinem
Eigentum, so ist auf seinen Antrag ein Statut zu
erlassen, welches die Aufbringung der Kosten
regelt und den mit heranzuziehenden Grund-
besitzern oder Einwohnern im Gutsbezirke eine
entsprechende Beteiligung an der Verwaltung
der Armenpflege einräumt. Das Statut wird,
wenn sich die Beteiligten nicht vereinigen, nach
ihrer Anhörung durch den Krü. festgesetzt und
unterliegt der Bestätigung des BezfA. Es muß
hinsichtlich der Regelung der Beitragspflicht den
gesetzlichen Bestimmungen über die Verteilung
der Kommunallasten in den ländlichen Gemeinden
folgen. Ist dem Statut die Bestätigung wieder-
holt versagt worden, so stellt es der Bez A. end-
gültig fest (AG. § 8; 86. 8 40). Für Teile
eines Gutsbezirks kann ein solches Statut nicht
erlassen werden (OVG. 24, 118). Die Umlage
der Armenpflegekosten auf Grund des Statuts
kann nur erfolgen, wenn sie von den Beteiligten
beschlossen oder von der Aufsichtsbehörde an-
geordnet worden ist (OV G. 15, 211). — Die
vor Erlaß des AG. vom 8. März 1871 gebildeten
Gesamtarmenverbände, wie sie be-
sonders in Schlesien, Hannover, Neuvorpommern
und Rügen vorhanden waren, sind durch dieses
Gesetz (§ 9) aufrechterhalten worden. Ihre Ver-
fassung kann durch Statuten bestimmt werden,
die, ebenso wie die Auflösung eines Gesamt-
armenverbandes, der Bestätigung des BezU.
unterliegen (8G. § 40). Die Neubildung von Ge-
samtarmenverbänden, die Beschlußfassung über
die Statuten und die Verwaltung der Armen-
angelegenheiten ist durch §§ 10, 12—15 des A.
näher geregelt. Im Geltungsgebiete der Lo#.
f. d. ö. Pr. vom 3. Juli 1891 (§ 131), der LG.
für Schleswig-Holstein vom 4. Juli 1892 (§ 131),
der L#O. für Hessen-Nassau vom 4. Aug. 1897
(§ 100) finden auf die dort bestehenden Gesamt-
armenverbände die Vorschriften dieser GemO.
über die Verbindung nachbarlich belegener Gemein-
den und Gutsbezirke zu gemeinsamer Wahrneh-
mung kommunaler Angelegenheiten (s. Zweck-
verbände) Anwendung. Ebenso bilden diese
Gemeindeverbände, wenn sie die Fürsorge für
die Armenpflege übernommen haben, Gesamt-
armenverbände im Sinne des § 12 des AG. vom
8. März 1871. Die aus mehreren Gemeinden
oder Gutsbezirken bestehenden Amter in West-
falen (LGO. vom 19. März 1856 88 4, 5, 69—77)
und die Landbürgermeistereien in der Rhein-
provinz (Gem O. vom 23. Juli 1845 8 8; G. vom
15. März 1856 Art. 15) können unter Zustim-
mung des Kreistages als Gesamtarmenverbände
eingerichtet werden (AG. 8 11). Dagegen sind
die in einigen Landesteilen bestehenden Ver-
bände von Gemeinden und Gutsbezirken zur
Bestreitung von Kosten einzelner besonderer
Zweige der Armenpflege (AG. 8 32) keine Ge-
samtarmenverbände im gesetzlichen Sinne (O# G.
vom 15. Mai 1906 — Prl. 28, 692). —
Auf Beschwerden und Einsprüche, betreffend die
Verpflichtung zur Teilnahme an den Lasten der
Armenpflege in Gutsbezirken und Gesamtarmen-
verbänden, beschließt der Gutsvorsteher, bzw. der
Vorsitzende des Gesamtarmenverbandes. Gegen
den Beschluß ist innerhalb zwei Wochen die Klage
bei dem Kr A. zulässig (ZG. § 44).
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Ortsarmenwesen s. Armenangelegen-
heiten und Armenwesen.
Ortsbering ist gleichbedeutend mit geschlossener
Ortslage (OVG. 32, 362). Vgl. 8 18 der Wege-
ordnung für Westpreußen vom 27. Sept. 1905
(GE. 357); § 17 der Wegcordnung für Posen
vom 15. Juli 1907 (GS. 243); s. auch Stra-
beu- und Baufluchtliniengesetz
2.
Ortsbezirke s. Bezirksvorsteher und
Gemeindebezirke.
Ortschaft im Sinne des Ansiedelungsge-
setzes s. Ansiedelung; Ortschaften im Ge-
meindebezirke s. Gemeindebezirke und
Landgemeindewahlen Id.
Ortsdurchfahrten werden nach dem Wege-
recht der Prov. Hessen in den ehemals großh.
hessischen und nassauischen Teilen der Pro-
vinz die durch die Ortschaften führenden
Teile der Staats= und Provinzialstraßen ge-
nannt, hinsichtlich deren den Gemeinden eine
Reihe von Verpflichtungen, insbesondere die
unentgeltliche Beschaffung und Anlieferung von
Wegebaustoffen, gesetzlich obliegt. Vgl. darüber
die großh. hess. G., die Erbauung und Erhaltung
der Provinzialstraßen betr., vom 12. Okt. 1830
(Regl. 357) Art. 4 Ziff. 4; die Erbauung der
Staatsstraßen betr., vom 15. Okt. 1830 (Reg Bl.
351) Art. 1 Ziff. 4; die Herstellung und Unter-
haltung der im Zuge von Provinzialstraßen lie-
genden Ortsdurchfahrten betr., vom 30. Okt.
1860 (Reg Bl. 321); § 11 des nass. G., betr. die
Erbauung chaussierter Verbindungsstraßen, vom
2. Okt. 1862 (V l. 176).
Ortserheber sind die von den Gemeinden
(Gutsbezirken) zur Erhebung der von den Ge-
meinden (Gutsbezirken) zu erhebenden Staats-,
Kreis= und Gemeindesteuern bestellten Personen.
S. Steuererhebung.
Ortsgerichte. I. In den hohenzoll. Landen,
dem vormaligen Herzogtume Nassau, den vor-
mals großh. hess. Gebietsteilen, dem vormals
landgräfl. hess. Amtsbezirke Homburg, dem Ge-
biete der vormals freien Stadt Frankfurt, den
vormals kurhess. Teilen des Oberlandesgerichts-
bezirkes Frankfurt und für den Bezirk des vor-
maligen Justizsenats Ehrenbreitstein sind auf
Grund der Art. 122—124 Pr ?GG. durch die
kgl. V. vom 20. Dez. 1899 (GS. 640), die Vf.
vom 12. Okt. 1906 (GS. 405), die Vf. vom
27. März 1908 (GS. 62) und die Vf. vom
1. Sept. 1910 (GS. 259) O. errichtet worden.
Diese sind zuständig: 1. die Angelegenheiten zu
erledigen, welche den Dorfgerichten übertragen
sind, früher mit Ausschluß, jetzt mit Einschluß
der Aufnahme von Taxen, und zwar auch bei
Grundstücken ohne Rücksicht auf deren Wert,
also in weiterem Umfange als bei den Dorfge-
richten (PrFGG. Art. 111; Allg. Vf. vom 28. Dez.
1899 — JM Bl. 889 — §§ 16—40, 46—69; V.
über die Aufnahme von Taxen durch die O. in
den Oberlandesgerichtsbezirken Frankfurt und
Kassel vom 8. April 1903 — GS. 119); s. auch
Dorfgerichte; 2. auf Antrag der Beteiligten
im Auftrage des Gerichts freiwillige öffentliche
Verstcigerungen von Grundstücken vorzunehmen
und zu beurkunden (Pr FG. Art. 112; Allg. Ves.
vom 28. Dez. 1899 §§ 70—83); 3. auf Antrag
eines Beteiligten die Teilung eines gemein-