Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

760 
zwischen den beteiligten Verbänden Meinungs- 
verschiedenheiten, so beschließt hierüber auf An- 
trag endgültig der KrA., bei Städten über 
10 000 Einw. der BezA. Unternehmer, welche 
auf Grund eines Vertrags mit der Anstaltsleitung 
Gefangene beschäftigen, können zu Beiträgen an 
diejenige Kasse, welche die Entschädigung zu ge- 
währen hat, oder wenn sich der Unfall aus Anlaß 
einer für ihre Rechnung in oder außerhalb der 
Anstalt stattfindenden Beschäftigung zugetragen 
hat, zum Ersatze der Ausgaben herangezogen 
werden (§ 7 Abs. 4). 
IV. Ausführungsbehörden. Die 
Träger der Unfallfürsorge haben zur Durchfüh- 
rung des Gesetzes Ausführungsbehörden (s. d.) 
einzusetzen. Als solche fungieren nach Erl. vom 
26. Jan. 1903 (MBl. 16) a) hinsichtlich der Un- 
fälle der in den Gerichtsgefängnissen unterge- 
brachten Gefangenen: die Oberstaatsanwälte; 
b) hinsichtlich der übrigen Unfälle, für welche 
eine Entschädigungspflicht des Staates besteht: 
die Regierungspräsidenten; c) hinsichtlich der 
Unfälle, für welche dem LA#. eine Entschädi- 
gungs= oder Erstattungspflicht obliegt: die zur 
Verwaltung der Angelegenheiten des LAu#. be- 
rusenen Behörden; d) hinsichtlich der Unfälle, 
für welche eine Entscheidung anderer öffentlicher 
Körperschaften begründet ist: die zur Verwal- 
tung der Angelegenheiten dieser Körperschaften 
berufenen Behörden. 
V. Verfahren bei Festsetzung der 
Entschädigungen. 1. Unfallunter- 
suchung. ZJeder Unfall, durch den ein Ge- 
fangener getötet ist oder eine Körperverletzung 
erlitten hat, die voraussichtlich den Tod oder 
eine über den Zeitpunkt der Entlassung hinaus- 
wirkende Erwerbsunfähigkeit zur Folge haben 
wird, ist durch den Vorstand der Anstalt zu unter- 
suchen (§8 9). 
2. Bescheid. Die Festsetzung der Ent- 
schädigung erfolgt bei Todesfällen sofort, im 
übrigen unmittelbar vor der Entlassung von Amts 
wegen durch Bescheid der Ausführungsbehörde. 
Innerhalb eines Monats nach der Zustellung 
(s. d.) des Bescheids steht dem Entschädigungs- 
berechtigten sowie dem Unternehmer, falls er zu llI 
den Kosten des Unfalls vertragsmäßig beizu- 
tragen hat, die Beschwerde zu. Uber diese ent- 
scheidet der Oberpräsident, für die hohengoll. 
Lande der Minister (Erl. vom 26. Jan. und 
21. März 1903 — MBl. 16, 43) endgültig. 
3. Die Auszahlung der Rente erfolgt 
durch die dem Berechtigten zu bezeichnende Post- 
anstalt (§§ 11, 12), und zwar in monatlichen, so- 
fern aber der Jahresbetrag 60 K oder weniger 
beträgt, in vierteljährlichen Beträgen im voraus 
(§ 14). Die Zentralpostbehörden haben die als 
Vorschüsse gezahlten Entschädigungen binnen acht 
Wochen nach Ablauf jedes Rechnungsiahres bei 
den Ausführungsbehörden zu liquidieren. Die 
Erstattung hat binnen drei Monaten zu erfolgen 
  
(55 18, 19). 
VI. Veränderung der Verhält- 
nisse. Tritt in den Verhältnissen, die für die 
Feststellung der Entschädigung maßgebend ge- 
wesen sind, eine wesentliche Anderung ein, so 
ist von Amts wegen oder auf Antrag eine Er- 
höhung, Minderung, Einstellung oder Ruhen der 
Rente durch Bescheid festzusetzen (§ 13). Die 
  
Unfallrente — Unfalluntersuchung 
Rente ruht und ist einzustellen, a) solange der 
Berechtigte eine die Dauer von einem Monat 
übersteigende Freiheitsstrafe verbüßt oder so- 
lange er in einem Arbeitshause oder in einer 
Besserungsanstalt untergebracht ist; hat der Be- 
rechtigte im Inlande wohnende Angehörige, 
welche im Falle seines Todes Anspruch auf Rente 
haben würden, so ist diesen die Rente bis zur 
Höhe jenes Anspruchs zu überweisen; b) solange 
der berechtigte Ausländer nicht im Inlande seinen 
gewöhnlichen Aufenthalt hat; c) solange der be- 
rechtigte Inländer sich im Ausland aufhält und 
es unterläßt, der Ausführungsbehörde seinen 
Aufenthaltsort mitzuteilen; d) solange der Be- 
rechtigte als Landstreicher umherzieht. 
VII. Verjährung der Ansprüche. 
Entschädigungsansprüche, die auf eine Körper- 
verletzung zurückgeführt werden, müssen vor der 
Entlassung, im übrigen binnen zwei Jahren nach 
dem Unfalle bei dem Vorstande der Anstalt, 
in welcher der Verunglückte zur Zeit des Unfalls 
untergebracht war, angemeldet werden. Hinter- 
bliebene müssen ihre Ansprüche binnen zwei 
Jahren nach dem Tode des Verletzten bei dem 
Asteltsvorstand anmelden (§ 10 Abs. 2, 3, § 13 
Abs. 4). 
VIII. Kranken-, Sterbe-Invaliden= oder andere 
Unterstützungskassen, die ihren Mitgliedern bei 
Unfällen Unterstützungen gewähren, sowie Ge- 
meinden und A#., die hilfsbedürftige Personen 
unterstützt haben, können durch Überweisung von 
Rentenbeträgen von den Trägern der U. f. G. 
Ersatz verlangen. Dabei gelten die für die Un- 
fallversicherung maßgebenden Grundsätze (s. Un- 
fallversicherung IX). Für die Entschei- 
dung von Streitigkeiten ist nach Allerh V. vom. 
28. Juli 1902 (GS. 295) der Bez l zuständig, 
gegen dessen Entscheidung nur die Revision zu- 
gelassen ist (§§ 20, 21). Die Haltung der Unter- 
nehmer und Dritter für die durch den Unfall 
herbeigeführten Schäden richtet sich nach den für 
die Unfallversicherung überhaupt geltenden Be- 
stimmungen (§§ 23—26); s. Haftpflicht. We- 
gen der Kapitalabfindung f. d. 
Unfallrente s. Unfallversicherung 
,. 
Unfallstatiftik.DasRVA.hatbishetfürdie 
Jahre 1897 und 1907 eine Zählung der Unfälle 
veranstaltet, deren Ergebnisse in Zusammen- 
stellungen veröffentlicht worden sind. 
Unfalluntersuchung (GUVG. 63—68; 
LuU WG. 8§8 70—74; Bu G. 8 37; SU06. 
88 65—73). Jeder in einem versicherten Be- 
triebe ((Versicherungspflicht) vor- 
gekommene Unfall (s. Unfallversiche- 
rung II), durch den eine in diesem beschäftigte 
Person getötet oder in der Weise körperlich ver- 
letzt wird, daß eine völlige oder teilweise Arbeits- 
unfähigkeit von mehr als drei Tagen oder der 
Tod eintritt, ist von dem Betriebsunternehmer 
oder Betriebsleiter (s. d.) bei der Ortspolizei- 
behörde — bei den der Bergverwaltung unter- 
stehenden Betrieben bei dem Bergrevierbeamten, 
und zwar auch, soweit Neben= und Vorbereitungs- 
arbeiten in Frage kommen, ohne Rücksicht darauf, 
ob sie der Bergwerksbesitzer oder ein Dritter 
ausführt (Erl. vom 4. Febr. 1909 — HMl. 165) 
— und dem durch das Statut der Genossenschaft 
bestimmten Organ binnen drei Tagen nach Kennt-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.