Wassergas und Halbwassergas — Wassergenossenschaften
und Spezialpläne über die einzelnen Abschnitte
des Flusses.
Wassergas und Halbwassergas (Misch-, Dow-
son-, Wilson-, Motor-, Generator-Wassergas)
wirken bei Geruchlosigkeit wegen ihres hohen
Kohlenoxydgasgehaltes gesundheitsschädlich, sind
auch im Gemisch mit gewissen Mengen Luft ex-
plosiv. Anlagen zur Herstellung von W. u.
gehören weder zu den Gasbereitungsanstalten
(s. d.) noch zu den chemischen Fabriken (s. d.) und
sind daher keine genehmigungspflichtigen Anlagen
(HME. vom 19. Sept. 1895). Zur Abwendung
gesundheitsschädlicher Wirkungen des W. u. H.
sind jedoch Gesichtspunkte den Polizeibehörden
mitgeteilt, die für polizeiliche Verfügungen auf
Grund des § 120 d GewO. als Anhalt dienen
sollen (Erl. vom 2. Juli 1892 — MhBl. 325; hin-
sichtlich der Halbwassergasanlagen abgeändert
durch Erl. vom 31. Dez. 1896 — MBl. 1897, 7).
Wassergenossenschaften. Maßgebend ist das
G., betr. die Bildung von Wasser-
genossenschaften, vom 1. April 1879
(GS. 297), das nach § 89 in seinen wesentlichen
Teilen auch auf die, aus Grund früherer Bestim-
mungen gebildeten W. Anwendung findet. Das
Gesetz ist vom BGB. nach Art. 65 des EG. un-
berührt geblieben. Besondere Bestimmungen
bestehen für die genossenschaftliche Anlegung von
Sammelbecken (Talsperren) im rhein.=
westf. Industriegebiet (s. u. VII). Das Gesetz
unterscheidet freie und öffentliche W.
Freie W. sind nur vereinzelt zustande gekom-
men. Ihre Bildung erfährt, da sie keinerlei öffent-
liche Gewähr für das dauernde Bestehen und für
die Erfüllung der übernommenen Aufgaben
bieten, keine staatliche Anregung oder Förderung,
sondern bleibt lediglich der freien Privatinitiative
überlassen. Der auf die freien W. be-
zügliche Abschnitt 2 des G.bleibt
daher im folgenden außer Be-
tracht.
I. Geltungsbereich des Gesetzes.
Das Gesetz ist nach der Einleitung zwar für die
ganze Monarchie erlassen. Jedoch sind nach
§ 3 der Kreis Siegen und Teile von Hannover
insoweit den Vorschriften des Gesetzes nicht unter-
worfen, als es sich um Genossenschaften zur Ent-
oder Bewässerung von Grundstücken handelt. All-
gemein findet das Gesetz nach § 2 keine Anwen-
dung auf das Deichwesen und solche Entwässe-
rungsanlagen, welche von Deichverbänden als
Zubehörungen von Deichen ausgeführt werden.
II. Die zulässigen Zwecke der
Nach § 1 des G. können W. gebildet werden:
zur Benutzung oder Unterhaltung von Gewäs-
sern, zum Schutze der Ufer, zur Anlegung, Be-
nutzung oder Unterhaltung von Wasserläufen
oder Sammelbecken, zur Herstellung und Ver-
besserung von Wasserstraßen (Flößereien) und an-
deren Schiffahrtsanlagen. Die Praxis behandelt
auch die Bildung von W. zur bloßen Unterhal-
tung bereits ausgeführter Ent= oder Bewässe-
rungsunternehmungen als zulässig, ein Fall,
der bei den unter Leitung der Generalkommis-
sionen und der Ansiedelungskommission in Posen
in den Zusammenlegungs= oder Ansiedelungs-
verfahren vor Bildung einer Genossenschaft aus-
geführten Meliorationen recht häufig ist. Mit der
Erreichung des genossenschaftlichen Zwecks muß
v. Bitter, Handwörterbuch der preußischen Verwaltung. 2. Aufl. II.
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zugleich ein öffentlicher oder gemeinschaftlicher
Nutzen verbunden sein (§ 45 des G.). Unterneh-
mungen, die nach Umfang und Art der Beteili-
gung lediglich beschränkte Privatinteressen be-
treffen, sind also keine ausreichende Grundlagen
für eine öffentliche W. Unzulässig würde ferner
die Bildung einer W. sein, welche lediglich den
H. Zweck verfolgt, den Mitgliedern für die von ihnen
selbständig auszuführenden Meliorationen den
erleichterten Kredit der Genossenschaft zugänglich
zu machen; es muß das Moment der Gemein-
schaftlich eit, wenn nicht bei der Ausfüh-
rung, wenigstens bei der Unterhaltung der ge-
nossenschaftlichen Anlagen gegeben sein.
III. Wesen und Rechtsverhält-
nis der W. Die W. ist eine rechtsfähige,
öffentliche Körperschaft in der Art einer Real-
gemeinde (88 10, 49, 52 des G.). Für ihr Rechts-
verhältnis ist, soweit nicht das Gesetz Bestimmun-
gen gibt, das für jede W. zu erlassende Statut
maßgebend (§8 8, 56 des G.). Für die am
häufigsten vorkommenden Ent-= und Bewässe-
rungsgenossenschaften ist ein Normalstatut
nebst Anwendungsanw. vom 15. Okt. 1902 er-
lassen (Ml. 205), das mit kleinen Abweichungen
auch für andere Arten von W. zu benutzen ist.
Die W. muß einen Vorstand haben, der sie nach
außen in allen ihren Angelegenheiten vertritt und
dessen Wahl, Zusammensetzung und Verwal-
tungsbefugnisse im Statut zu bestimmen sind
(§§ 9, 56 Ziff. 8 des G.). Die W. haben die
Vorrechte der Kommunalverbände hinsichtlich
der Genossenschaftsbeiträge, diese sind im Kon-
kurse bevorzugt und werden im Verwaltungs-
zwangsverfahren beigetrieben, der Vorstand hat
ein Ordnungsstrafrecht gegenüber den Mitglie-
dern (88 52—55 des G.). Wegen der Kom-
munalsteuerbefreiung der Ent= und Bewässe-
rungsgenossenschaften s. § 246 K AEG. und Entsch.
des OV. vom 28. Febr. 1902 (v. Kamptz,
Rechtsprechung, 2. ErgBd. S. 195). Die W.
untersteht der staatlichen Aufsicht, die
nach Art und Umfang ebenso ausgestattet ist, wie
die Staatsaussicht über die Gemeinden (88 49
bis 51 des G.). Die Ausfsicht wird bei Genossen-
schaften zur Anlegung und Verbesserung von
Wasserstraßen (Flößereien) und anderen Schiff-
fahrtsanlagen vom Regierungspräsidenten, bei
den anderen Gesellschaften vom Landrat als
Vorsitzenden des Kr A., in Stadtkreisen von
der Ortspolizeibehörde geführt (§ 49 des G.;
ZG. 8 94). Über die Aufgaben der Aussichts-
W. behörden verhält sich der Erl. vom 17. Nov.
1897 (Ml. 234). Wesentlich ist die Fürsorge
für die ordnungsmäßige Ausführung und Unter-
haltung der genossenschaftlichen Anlagen, zu wel-
chem Behuf die Mitwirkung des Meliorations-
baubeamten im Normalstatut vorgesehen ist, und
die Aufsicht über die bestimmungsmäßige Ver-
waltung und Verwendung der Mittel der W.
Etwaige Mißbräuche würden hier auch die Rechte
der Drittgläubiger gefährden, da das gesetzliche
Vorrecht der Genossenschaftsbeiträge vor den
Hypotheken auf der Voraussetzung beruht, daß
durch die bestimmungsmäßige Verwendung dieser
Beiträge der Wert der zur Genossenschaft ge-
hörigen Grundstücke entsprechend gesteigert wird.
Die der Aufsichtsbehörde vorbehaltene Geneh-
migung zur Aufnahme von Anleihen der W. (§ 51
58.