Wein 939
bestimmungen wegen Verkaufs oder Feilhaltens Gehaltes an Alkohol oder an Alkohol und Zucker
von verdorbenem oder nachgemachtem oder ver= besonderen Verfahren (Eindicken des Mostes
jalschtem W. oder wegen Herstellung gesundheits= u. dgl.) in der Regel unter Verwendung gewisser
schädlichen W. naturgemäß selten anwendbar Zusätze (Alkohol, Trockenbeeren usw.) unterworfen
waren. Zudem fehlte eine Kontrolle der Wein= worden sind und sich durch den solchen Getränken
händler und Weinbauer. Das G. vom 20. April eigentümlichen Geschmack auszeichnen, dürfen je-
1892 bestimmte, daß bei Verwendung bestimmter doch zum Verschneiden von weißem W. (wohl
Stoffe eine Verfälschung von W. nicht vorliege, also rotem) anderer Art nicht verwendet werden
während die Verwendung anderer bestimmter (§2). Verschnitt aus Erzeugnissen verschiedener
Stoffe als Weinfälschung anzusehen sei, insbeson= Herkunft darf nur dann nach einem der Anteile
dere wurde der Begriff des Kunstweins fostgelegt, allein benannt werden, wenn dieser in der Ge-
dossen Vertrieb und Herstellung aber nicht ver= samtmenge überwiegt und die Art bestimmt.
boten war. Wer Kunstwein verkaufte, mußte ihm Dabei ist es gestattet, zur Bezeichnung die Namen
cine Bezeichnung beilegen, die ihn vom W. unter= einzelner Gemarkungen oder Weinbergslagen,
schied oder seine Beschaffenheit kenntlich machte. die mehr als einer Gemarkung angehören, zu
Ter gusatz bestimmter Stoffe zum W. wurde benutzen, die Weinbergslagen aber nur, wenn
schlechthin verboten, bei Schaumwein jedoch nur der aus der Lage stammende Anteil nicht gezuckert
der Zusatz von Saccharin und ähnlichen Süßstof-] ist. Der W. darf nicht als Wachstum eines be-
son. Auch dieses Gesetz vermochte der Weinver= stimmten Weinbergsbesitzers angegeben werden.
sälschung nicht Einhalt zu tun, weil die Her-Die Beschränkungen in der Bezeichnung treffen
stellung und der Vertrieb von Kunstwein nur ver-nicht den Verschnitt durch Vermischung von
doten war, wenn die Absicht der Täuschung im Trauben oder Traubenmost mit Trauben oder
Handel und Verkehr nachgewiesen war: zudem Traubenmost gleichen Wertes derselben oder be-
sehlte es nach wie vor an der genügenden Be- nachbarten Gemarkung und den Ersatz der Ab-
aufsichtigung. Die wichtigsten Anderungen, die
das G. vom 21. Mai 1901 (Rll. 175) herbei-
jührte, waren die Verschärfung der Bestimmungen
eer die Herstellung des Runstweins, die Zulassung
der Zuckerung des W. nur zur Verbesserung, nicht
zur Vermehrung, die Bestimmung, daß der ge-
zuckerte Wein nicht nur der chemischen Zu-
sammensetzung, sondern auch der Beschaffenheit
nach (Geruch, Geschmack usw.) nicht unter den
Durchschnitt ungezuckerter W. gleicher Benennung
heruntersinken dürfe, die einschneidende Rege-
lung der Herstellung, des Verkaufs und des Feil-
bietens von Schaumwein und endlich eine Ver-
schärfung der Kollerkontrolle, allerdings ohne Zu-
lassung besonderer Vertrauensmänner der Polizei.
Auch durch dieses G. wurde eine wesentliche Besse-
rung nicht herbeigeführt, weil die Strafen in
dautscherei zu erwartenden Vermögensvorteilen
standen. Auch die Ausdeckung der unrcellen
Handlungsweise der Weinproduzenten und Wein-
händler blieb schwierig, zumal es an einer
obligatorischen Buchführung und Buchkontrolle
sehlte. Diesen Mißständen versucht das Wein-
gesetz vom 7. April 1909 (RoG#l. 393) abzuhelfen.
I1I. Das Gesetz beschränkt sich nicht auf die
Regelung der Herstellung und des Vertriebs von
W., d. h. dem durch alkoholische Gärung aus dem
Safte der frischen Weintrauben hergestellten Ge-
tränk, sondern begieht sich auch auf Kunstpro-
dukte, wie Schaumwein und Kognak, auf sonstige
weinhaltige Getränke und solche Getränke, die
nicht unter Verwendung von W. hergestellt zu
werden pflegen, wie Obstweine usw.
1. Begriff. W. ist das durch alkoholische
(zärung aus dem Safte der Weintraube her-
gestellte Getränk (Naturwein). Zu den W. wird
aber auch jedes Getränk gerechnet, das verschnitten
oder gezuckert, oder einer Kellerbehandlung unter-
zogen worden ist.
2. Verschnitt kann aus Erzeugnissen ver-
schiedener Herkunft oder Jahre hergestellt werden.
Dessertweine (Südsüßweine), d. s. W., die zur
Erzielung eines durch die Gärung des Saftes
frischer Trauben allein nicht erreichbaren hohen
gewonnenen Erzengnisses entspricht.
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und Herkunft in guten Jahrgängen ohne Zusatz
keinem richtigen Verhältnis zu den durch Win)
gänge, die sich aus der Pflege des im Fasse la-
gernden W. orgeben (§ 7). Ein Gemisch von
Weißwein und Rotwein darf, wenn er als Rot-
wein in den Verkehr gebracht wird, nur unter
einer die Mischung kennzeichnenden Bezeichnung
feilgehalten oder verkauft werden (§ 8).
3. Zuckerung. Dem aus inländischen Trau-
ben gewonnenen Tranbenmost oder W., bei Her-
stellung von Rotwein auch der Traubenwäsche,
darf Zucker — d. h. nur technisch reiner, nicht
trübender Rüben-, Rohr-, Invert= oder Stärke-
zucker — zugesetzt werden, um einem natürlichen
Mangel an Zucker oder Alkohol, oder einem Uber-
maß an Säure insoweit abzuhelfen, als es der
Beschaffenheit des aus Trauben gleicher Art
Der Zusatz
von Zuckerwasser darf jedoch in keinem Falle
mehr als ein Fünftel der gesamten Flüssigkeit
betragen. Die Zuckerung darf nur innerhalb der
Weinbaugebiete (s. RBek. vom 1. Aug. 1910 —
ZBl. 442) in der Zeit vom Beginn der Weinlese
bis zum 31. Dez. vorgenommen und in der Zeit
vom 1. Okt. bis 31. Dez. bei ungezuckerten W.
älterer Jahrgänge nachgeholt werden. Die Ab-
sicht zu zuckern muß dem Gemeindevorstand auf
vorgeschriebenem Muster angezeigt werden. Auf
die Herstellung von Schaumwein in Schaum-
weinfabriken finden diese Bestimmungen keine
Anwendung (§ 3; Rl Bek. vom 9. Juli 1909 —
RBl. 549; AusfAnw. vom 7. Sept. 1909
Ziff. 1— HMl. 412). Gezuckerter W. darf nicht
unter einer Bezeichnung feilgehalten oder ver-
kauft werden, die auf die Reinheit des W. oder
auf besondere Sorgfalt bei der Gewinnung der
Trauben deutet, auch ist es verboten, in der Be-
nennung anzugeben, daß der W. Wachstum eines
bestimmten Weinbergsbesitzers sei. Auf Ver-
langen muß dem Abnehmer vorher mitgeteilt
werden, ob der W. gezuckert ist (8 5).
4. Kellerbehandlung. Es dürfen,
abgesehen von Zucker, bei der Kellerbehandlung
dem Traubenmost oder dem W. nur die in der
RKBek. vom 9. Juli 1909 (RGBl. 549) bezeich-
neten Stoffe in der dort angegebenen Weise