352 II.3. Bismarcks Eisenbahn= u. Steuerreform. Neuere wirtschafll. Gesetzgebung 1879 81.
neue direkte Steuer erkennen, die lediglich bezweckt, dem Reich eine neue Cinnahme
zu verschaffen.“ Ihm erwiderte darans Staatsfekretär Scholz schlagend: „Etwas
anderes als eine siskalische Vorlage hat der Entwurf nie sein sollen. Hätte das Reich
nicht das Bedürfnis nach neuen Einnahmen, so würden die verbündeten Regierungen
Ihnen diese Vorlage nicht gemacht haben.“ Die Regierung ist nie wieder auf diese
ihrem Wesen und Ziele nach ganz gesunde Bestenerungsart zurückgekommen, nicht ein-
mal bei Vorlegung der Militärvorlage von 1892. Und doch würde eine Wehrstener
im Deutschen Neiche, auch wenn sie in ganz mäßigen Sätzen und nur von erwerbs-
fähigen Militärfreien, nicht etwa von Krüppeln 2c., erhoben würde, 20 Millionen Mark
jährlich einbringen, da sie in der kleinen Schweiz (nach der amtlichen Statistik in
A. Furrer, „Volkswirtschaftslerikon der Schweiz'“) schon bis 1884 jährlich über eine
Million einbrachte, seither aber auf fast 1½/ Millionen Mark gestiegen sein soll.
Fürst Bismarck hatte also von allen seinen Reichsstenervorlagen beim Reichstag
nur die Reichsstempelstener oder Börsensteuer wirklich durchgesetzt. Gleichwohl beeilte
er sich schon lange zuvor, ausgerüstet mit den Ubersch#ssen, welche Preußen gemäß
dem Tarifgesetz von 1879 vom Reiche erhielt, die Steuerresorm in Preußen nach
seinem Sinne durchzuführen und dadurch den übrigen Bundesstaaten ein Vorbild zu
geben, wie die aus der lex Franckenstein herfließenden Uberschüsse dauernd nutzbringend
zu verwenden seien. Zwei Umstände kamen Bismarck in Preußen für sein Streben
noch besonders zu statten. Der im Herbst 1879 neu gewählte preußische Landtag sah
die konservativen Reihen außerordentlich gestärkt: die Konservativen um 73, die Frei-
konservativen um 15 Mitglieder; die Liberalen ebenso sehr geschwächt, die National-
liberalen um 63, die Fortschrittspartei um 29. Und am 15. September 1880 über-
nahm Fürst Bismarck auch das preußische Handelsministerium, das er schon seit dem
27. August einstweilig verwaltet hatte, endgültig. Minister Hofmann, welcher sich
seine Amtsthätigkeit unter Bismarck doch selbständiger vorgestellt hatte als der Fürst
selbst, hatte das bis dahin verwaltete Handelsministerimn niedergelegt und fand bald
darauf in Elsaß-Lothringen einc seiner bedenutenden Kraft entsprechende Wirksamkeit.
Als Hauptmitarbeiter in seinem neuen Fache als Handelsminister berief Bismarck
aber den bisherigen Oberpräsidenten von Schleswig-Holstein, v. Bötticher, an seine
Seite nach Berlin als Minister ohne Portefenille.
Die Uberschüsse des Neiches, welche für Preußen absielen, gedachte Bismarck in
Preußen nun an erster Stelle zu verwenden zur Erleichterung der Schullasten der Ge-
meinden und namentlich der ärmeren Volksklassen in denselben, daneben sollten aber
auch alle übrigen Gemeindelasten wegsallen oder wesentlich ermäßigt werden, welche
über die natürlichen und unmittelbaren Aufgaben der Gemeinden hluansgingen, staat-
lichen Zwecken dienten und viele Gemelnden schwer und ungerecht trafen. Dahin
rechnete Bismarck, wie bereits bemerkt, die Gemeindeausgaben für die Armen, die
Polizei, Standesämter K. Ein dem preußischen Landtag vorgelegtes sogenanntes
Verwendungsgesetz sollte dem Streben der Negierung nach Vermehrung der Ein-
nahmen förderlich sein, „durch Bekämpsung des künstlich genährten Mißtrauens und
aller darauf zurückzuführenden Einwendungen gegen die bezügliche Regierungsvorlage