446 II. 7. Außzere und innere Politik des Deutschen Reiches (1879 bis März 1888).
Am 21. Dezember desselben Jahres vermählte sich der Prinz mit der Prinzessin
Thyra von Dänemark in Kopenhagen. Diese Feier wurde zu deutschfeindlichen welsisch-
dänischen Demonstrationen reichlich benutzt (alle hier angeführten Aktenstücke sinden
sich bei Hahn a. a. O., Bd. III, S. 559/66 im Wortlant). Eine Abordnung der Ritter-
schaft des vormaligen Königreichs Hannover überbrachte dem Brantpaar eine Adresse,
in welcher es hieß: «
SchondieKundevondchcrlobungdeoHerzogöhabe,,chIiefgebengtenhannöverfchen
Volles Herz getroffen wie ein heller Sonnenstrahl, der dunlles Gewöll durchbricht. Inniger als
je fühlt in der gegenwärtigen Zeit gewaltsamer Trenming Hannovers Volk dem angestammten
Herrscherhanse und Eurer Königlichen Hoheit, dem Haupte und Erben dieses Hauses, in allem
sich verbunden. Können wir jetzt nicht, auf dem Boden der Heimat, in dem Erbe der Väter
Eure lönigliche Hoheit mit lautem Jubel degrüßen ... mitl welcher wir ie länger je mehr zu
fester und treuer Anhänglichkeit uns verbunden wissen 2c.“
Selbstverständlich hatte das dänische Königspaar volle Kenntnis von dem Inhalt
dieser seinem Schwiegersohn überreichten Adresse. Gleichwohl wurden die Uberbringer
dieser vom Standpunkte des deutschen Staats= und Strafrechts und der Unterthanen-
pflichten der fahrenden Welfenritter einfach hochverräterischen Adresse vom Herzog von
Cumberland, mit Genehmigung des Königs, ausdrücklich eingeladen, wie des Königs
Privatgäste behandelt und seitens des Hoses, der Minister 2c. besonders ausgezeichnet.
Der Minister des Answärtigen gab ihnen sogar in seiner Dienstwohnung, dem Amalien-
borger Palais, nicht in seinem Privathotel, ein Ehrenmahl aus den ihm vom Staate
gezahlten Repräsentationsgeldern, und nach ihrer Nückkehr wurde die welfische Abord-
nung durch dänische Orden ausgezeichnet. Das Organ des Fürsten Bismarck, die
„Norddeutsche Allgemeine Zeitung“, erklärte hierauf kurz:
daß das „welsische Zwischenspiel in Kopenhagen Takllosigkeiten dortiger amtlicher Kreise“ zu
Tage gefördert habe, welche den „für das Verhalten der Staaten untereinander bestehenden
Kodex geschriebener und ungeschriebener Regeln in aufsälliger Weise verletzen“. Es lei daher
„weder unerlaubt noch überflüssig, eine solche Ungeschicklichleit zu rügen“, zumal „da durch ein
Verhalten wie das der Kopenhagener amtlichen Kreise Illusionen ernenert werden, deren Forl-
dauer allerdings dem Deutschen Reiche nicht gleichgültig ist“.
Aber Fürst Bismarck hatte schon vor jenem „Zwischenspiel“ ein viel empfind-
licheres Mittel als bloße Zeitungsartikel zur Hand, uu jene „Taltlosigkeiten“ zu rügen.
Schon am 11. Oltober war nämlich in einem geheimen Vertrag zwischen
Deutschland (Preußen) und Osterreich der Artikel V des Prager Friedens
üNber Nordschleswig aufgehoben worden. Bekanntlich sollte nach diesem Artikel
Preußen die Herzogtümer Schleswig-Holstein besitzen nur „.nit der Maßgabe, daß
die Bevölkerungen der nördlichen Distrikte von Schleswig, wenn sie durch sreie Abstim-
mung den Wunsch zu erkennen geben, mit Dänemark vereinigt zu werden, an Däne-
mark abgetreten werden sollen“. Diese für Deutschland und Preußen von Ansang an
lästige Klausel des Prager Friedens hatte Osterreich jetzt bereitwillig ausgehoben,
„nachdem Se. Majestät, der dentsche Kaiser und König von Preußen den Wert zu erkennen
gegeden hat, welchen er auf die Beseitigung dieser Modalität des Friedeus legen würde; anderseils
Se. Majestät der Kaiser von Osterreich und König von Ungarn die Schwierigleilen würdigt,
welche sich der Durchführung des in jenem Artikel niedergelegten Grundsatzes enezgegenstellen.