Full text: Das Deutsche Reich zur Zeit Bismarcks.

Diäten. Slaatenhaus. Verhältnisse in Frankreich (1871). 37 
Wiederholung desselben geblieben. Von den Weissagungen der Freunde und Gegner 
der Diätenbewilligung hat sich keine erfüllt. Weder ist jemals wegen der Nichtgewähr 
von Diäten ein Mangel an Reichstagskandidaten eingetreten, noch hat die Diäten= 
losigkeit ungeeignete Elemente vom Reichstag ferngehalten oder die Tagungen wohl- 
thätig abgekürz!, oder die Entstehung jener Gattung von Abgeordneten verhindert, 
welche aus der Volksvertretung ihren Lebensberuf machen, und welche Bismarck da- 
mals als „eine Art von berufsmäßiger büreankratischer Volksvertretung“ bezeichnete. 
Unerschütterlich aber steht noch heute das Wort, welches Bismarck damals und früher 
dem Antrag entgegenhielt: „daß man nicht ohne zwingenden Grund Anderungen der 
Versassung treffen sollte, die später nicht wieder gut zu machen wären“. Und der kon- 
servative Antrag auf Errichtung eines Oberhauses wurde für immer begraben durch 
die echt staatsmännische Rede, mit welcher Bismarck damals diesen Antrag bekämpste. 
Der Reichskanzler sagte: 
„In belreff des Oberhauses muß ich zu meinem Bedanern sagen, die politische Erfahrung 
hat mich überzengt, daß solche Versammlungen den Zweck, ein Gegengewicht und einen Schutz 
zu gewähren gegen die Gefahren, die das allgemeine Stimmrecht in seiner vollsten Ansbeunng 
mit sich dringen kann, nicht erfüllen lönnen ..Wenn eine frisch durch Wahlsen anerkannte, den 
Anspruch einer Vertretung des gesamten Volles in sich tragende Versammlung das Gegenteit 
beschließt, dann brauche ich ein schwereres Gegengewicht. Das haben wir im Bundesrate. 
Die Abstimmungen im Bundesrate nehmen für sich die Achtung in Anspruch, die man dem 
gesamten Staatswesen eines der Bundesglieder schuldig ist. Diese Bedeutung macht sich unbe- 
wußt ja in uns längst fühlbar. Einem Votum von 25 einzelnen Herren würden Sie nicht das 
Ansehen beimessen, dessen der Bundesrat sich glücklicherweise erfreut; aber dem Votum von 
25 Staaten, und von lauler Staaten, die sich einer freien parlamentarischen Verfassung erfreuen, 
wo die Abstimmungen der Einzeinen recht eigentlich den Ansdruck der Gesamtheit dessen, was 
man früher sagte, Völker, jetzt will ich nur sagen Einwohnerschaften für sich haben, dem sind 
Sie Achlung schutdig in einer anderen Weise, und die zollen Sie ihm auch, und die Bevöllerung 
zollt sie ihm ... Ich halte deshalb jede Neuerung, durch welche dieser meines Erachtens sehr 
Stücktich gesundene Senat (Staatenhaus, erstes Haus) des Deutschen Reiches in seiner Beden- 
tung abgeschwächt, gewissermaßen mediatisiert wird, für einc sehr bedenkliche Underung in der 
Verfassung.. Tasten Sie nicht an dem Bundesrate! Ich sehe gerade in dieser Gestaltung eine 
Art von Palladium für unsere Zulunft, eine große Bürgschaft für die Zukunst Deutschlands.“ 
Die Verhältnisse in Frankreich hatten sich inzwischen so ernst und düster ge- 
staltet, und die Verhandlungen über den Abschluß des endgültigen Friedensvertrages 
rückten in Brüssel so langsam vorwärts, daß sich die Aufnahme einer neuen Kriegs- 
anleihe von 120 Millionen Thaler nötig machte, um die im Präliminarfrieden von 
Versailles an Dentschland zugesiandenen Bedingungen mit Waffengewalt zu erzwingen, 
salls die Regierung von Thiers sich nicht stark genng zeigen follte, diese Verpflich- 
tungen freiwillig zu erfüllen. Paris war im offenen Aufruhr gegen die rechtmäßige 
Regierung Frankreichs, in den Händen der revolutionären vaterlandslosen Sozial- 
demokratie, der Kommune, und Frankreich bedurfte aller ihm zur Verfügung stehen- 
den Streitkräste, um seine Hauptstadt zu bezwingen. Was Deutschlands nemtrale 
Haltung gegenüber den beiden im Bürgerkriege miteinander ringenden französischen
	        
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