Friedensverhandlungen. Frankfurier Friede vom 10. Mai 1871. 39
uns vertragswidrig in der Zahlung zu kürzen, gutheißen wird“, schloß der Arnikel.
„Wir können dem Ergebnis mit Gelassenheit entgegensehen, da wir in den von deut-
schen Truppen besetzten Teilen Frankreichs ein genügendes Pfand für einen dem Präli-
minarfrieden und unserem Interesse gemäßen Ausgang der Angelegenheit besitzen.“" Um
das Reich in den Stand zu setzen, wenn nötig auch mit Wassengewalt, diese rechtmäßigen
Forderungen Deutschlands durchzusetzen, und, wie Bismarck schon am 1. April sagte,
„mit Bedauern, aber mit derselben Entschlossenheit, mit der wir bisher gehandelt haben,
das Nachspiel dieses Krieges zu Ende zu führen“, ward die Vorlage wegen Bewilligung
einer Kriegsanleihe von 120 Millionen Thaler eingebracht, welche am 24. April mit
allen gegen 6 Stimmen genehmigt wurde.
Zu dem äußersten sollte es aber doch nicht kommen. Denn Fürst Bismarck hatte
der französischen Regierung keinen Zweifel gelassen, daß nur um den Preis des bal-
digsten endgültigen Friedensschlusses eine weitere Rücksichtnahme auf die Bedürfnisse
der französischen Regierung in ihrem Kampse gegen die noch immer unbezwungene
Pariser Kommune zu erwarten sei. Dieser Sachlage entsprang der von Bismarck
angenommene Vorschlag der französischen Negierung, die Friedensverhandlungen von
Brüssel nach Frankfurt a. M. zu verlegen und zwischen Jules Favre und Bismarck
selbst zu Ende zu führen. Als aber auch hier die Sache nicht mit der erwünschten
Schnelligkeit zum Abschluß gedieh, richtete Bismarck an Jules Favre am 7. Mai eine
Note, welche jeden weiteren Widerstand und Trotz der Franzosen brechen mußte. Denn
es hieß da:
„Der Pariser Aufstand hat, indem er die Lage änderte, die Zukunf!, auf welche wir
zählen zu dürfen glaubten, in Frage gestellt... Wir können nicht länger unsere passive Hal-
lung Zuständen gegenüber beobachten, die gegen die Bedingungen der Friedenspräliminarien
verstoßen, wofern Frankreich sich nicht dazu versleht, diesen letzteren größere Kraft zu verleihen, in-
dem es uns gegen die Zukunft Bürgschaften gewährt, welche uns gegen allfällige, der Ruhe
Frankreichs hinderliche Störungen schützen würden. Sollte die französische Regierung sich wei-
gern, diese Bürgschallen zu gewähren, so würde Deutschland sich vor allem das Recht vor-
behalten, seinerseits Schritte gegen die unregelmäßigen, augenblicklich in Paris herrschenden
Zustände zu khun und auf der strengen Ausführung der Bedingung zu beflehen, welche die sran-
zösische Regierung anhält, ihre Truppen auf die Südseite der Loire zurückzuziehen.“
Die berechtigte Drohung wirkte umnittelbar. Denn schon am 10. Mai, nach-
mitlags 2 Uhr, verkündete der Telegraph der ganzen Welt, daß soeben im Weißen
Schwan zu Frankfsurt der endgültige Friede zwischen Deutschland und Frank-
reich unterzeichnet worden sei.
Der Reichstag befand sich eben in der dritten Beratung des später zu erwähnen-
den deutschen Hastpflichtgesetzes, als Fürst Bismarck am 12. Mai, von Frankfurt zu-
rückgekehrt, eintrat. Da erhob sich die ganze Versammlung zum Zeichen der Anerken-
mung und des Dankes von ihren Sitzen und begrüßte den großen Mann, der den von
ihm begründeten Bau des Reiches nun durch den Frieden mit Frankreich befestigt
hatte, mit jubelndem Zuruf. Fürst Bismarck erbat sogleich das Wort, um die Er-
gebnisse des Frankfurter Friedensvertrages vorzutragen. Er entwickelte die Schwierig-