im Spiegel der ersten französischen Revolution. 33
keinen Vertrag für einen Mündigen, und wenn das Kind zum
Alter der Vernunft herangereift ist, so hat es das Recht seiner
Selbstbestimmung. Nun endlich sind wir mündig gewor—
den und wir brauchen nur unsere Vernunft anzuwen—
den, um die Anmaßung dieser Autorität, die sich recht-
mäßig nennt, auf ihren wahren Wert hinabzudrücken.
Sie hat aber nur die Macht, nichts weiter. Aber: „Eine
Pistole in der Hand eines Räubers ist auch eine Macht“, werdet
ihr sagen, ich sei deshalb in meinem Gewissen verpflichtet, ihm
meine Börse zu geben? Ich gehorche aber nur, weil ich
gezwungen werde, und ich werde meine Börse wieder
nehmen, sobald ich ihm seine Pistole entreißen kann.“
So weit Rousseau. Einige seiner Jünger sind noch weiter
gegangen wie er und haben die innersten Herzensgedanken unserer
heutigen Sozialdemokratie noch unbeschämter und rücksichtsloser
ausgesprochen, so Naigeon, Sylvain, Maréchal, Mably und
Morelly, welche die Gottesleugnung als zwingendes Dogma
und höchste Bürgerpflicht einsetzen, welche, um den Eigennutz zu
unterdrücken, die Gütergemeinschaft vorschlagen und eine
Republik gründen, in welcher jeder Mensch, welcher „das
verabscheuungswürdige Privateigentum“ etwa wieder-
herstellen möchte, „erklärt werden soll als Feind der Mensch-
heit"“, behandelt als „tobsüchtiger Narr“ und lebenslänglich
in einen Kerker gesperrt. Aber wir brauchen diesen „verlorenen
Kindern der philosophischen Partei“, wie Taine sie treffend nennt,
nicht zu folgen, wir können bei dem Hauptapostel der Revolu-
tion stehen bleiben, dem geistigen Führer ihrer Heeresmassen und
ihrer Belagerungen, um in ihm deutlich auch den geistigen
Nährvater unserer Sozialdemokratie zu erkennen.
Nicht als ob sie das mit Bewußtsein thäte und auf die
Worte dieses Lehrers schwöre. Sie schwört nur auf die Worte von
Karl Marx. Dieser hat Herrn Liebknecht mit den paar Ideen und
Schlagworten versehen, welche dessen gesamtes geistiges Besitztum
ausmachen. Herr Liebknecht hat Herrn Bebel umgeschaffen nach
seinem Bilde und die ganze Masse der sogenannten „Führer“,
Hans Blum, Unsere Sozialdemokratie. 3