im Spiegel der ersten französischen Revolution. 37
aller Gesetze, welche die freie Meinungsäußerung und das Recht der
Vereinigung und Versammlung einschränken oder unterdrücken.“
Diese Errichtung der neuen Ordnung der Dinge auf der
Grundlage der völligen Gleichheit und Freiheit aller Bürger
hat freilich auch eine seltsame Folge, welche erst die Greuel der
französischen Schreckenszeit völlig deutlich machen sollten. Denn
auch der neue Staat muß seine Pflicht voll begreifen und darin
frei sein. Er muß nach den Grundsätzen der neuen Ordnung,
d. h. nach dem Willen aller Bürger regieren, d. h. er muß
ebenso rücksichtslos als allmächtig sein.“) In der That lassen
sich alle Bedingungen des neuen Sozialvertrages auf eine ein-
zige zurückführen: auf die völlige Hingabe jedes Teil-
nehmers mit allen seinen Rechten an die Gesamtheit.
„Jeder gibt sich ganz, sich und seine Kräfte, von denen die
Güter, die er besitzt, einen Teil bilden.“
Da haben wir also auch schon den Kommunismus
unserer Sozialdemokraten, und die französische Revolution
hat uns eine unvergeßliche Lehre dafür gegeben, wie friedlich
und sanft diese Enteignung vor sich geht, indem sie alle ihre
Gegner zu Feinden des Vaterlandes erklärte, ihnen die Köpfe
abschlug oder sie in die Verbannung trieb und ihre Güter ohne
Entschädigung einzog!
Aber Rousseau zieht noch weitere Folgerungen aus seinem
Sozialvertrag, wie auch unsere Sozialdemokraten aus ihrem
Grundprinzip. Ich habe nicht mehr das Recht, meine
Kinder zu erziehen in meinem Hause und in der Weise, die
mir gut scheint. Denn, sagt Rousseau, „wie man nicht die Ver-
nunft jedes Menschen als alleinigen Schiedsrichter seiner Pflichten
bestehen läßt, so darf man noch weniger der Einsicht und den
Vorurteilen der Bäter die Erziehung der Kinder überlassen, da
sie den Staat noch mehr angeht, als die Väter.““)
Ganz ähnlich fast spricht sich Herr Bebel aus in seinem
*) Rousseau, Contrat social I, 6.
**) Rousseau, Abhandlung über die Volkswirtschaft S. 302.