Full text: Unsere Sozialdemokratie im Spiegel der ersten französischen Revolution.

im Spiegel der ersten französischen Revolution. 5 
steller und Dichter, darüber einig sein, daß das heutige Frank- 
reich nur ein Spiegelbild der ersten Revolution sei. Wer also 
für die richtige Beurteilung der Gegenwart in Frankreich jene 
hundertjährige Vergangenheit heranzieht und belebt, der hat 
nicht zu befürchten, dem alten tüchtigen Einwand zu begegnen, 
daß Gleichnisse hinken. Er schlägt vielmehr nur die halbver- 
gessenen ersten Tagebuchblätter eines Volkes nach, das bewußt 
oder unbewußt heute fast genau noch ebenso dahinlebt und 
handelt, wie vor hundert Jahren, als jene ersten Blätter des 
neuen Tages beschrieben wurden, mit Hoffnung, Glaube und 
Liebe, aber auch mit Thränen und Blut! 
Weit kühner, das gestehe ich zu, erscheint der Versuch, 
nachzuweisen, daß unsere heutige deutsche Sozialdemokratie schon 
bis in die Tage der ersten französischen Revolution ihr Spiegel- 
bild zurückwirft, und daß dieses Bild uns sogar befähigt, aus 
der damaligen Vergangenheit genau zu weissagen, was unsere 
Zukunft uns heraufführen würde, wenn unsere Sozialdemokratie 
zu derselben unheilvollen staatenlenkenden Verwirklichung ihrer 
Macht gelangen würde, wie ihr Gegenbild zur Zeit der ersten 
französischen Revolution. 
Wer aber diesen im Folgenden an der Hand unwider- 
leglicher Thatsachen ausgeführten Vergleich grundsätzlich abweist, 
der übersieht zwei bedeutsame Dinge. Erstens die bereits be- 
rührte Thatsache, daß die erste französische Revolution keineswegs 
bloß durch das Bürgertum, den dritten Stand, vollzogen wurde, 
sondern daß in Wahrheit hauptsächlich der sogenannte vierte 
Stand, der Arbeiter= oder vielmehr der Nichtarbeiterstand, das 
Proletarier= und Bummlertum, der französischen Bewegung ihr 
eigentümlich furchtbares und blutiges Gepräge aufdrückte. Und 
zweitens, daß die Menschennatur seit dem Uranfang der Zeiten 
bis zum heutigen Tage, abgesehen von einigen kleinen Zieraten 
oder Unarten, welche Zeit, Volk, Sitte, Glauben, Kultur u. s. w. 
ihr verliehen oder genommen haben, unverändert dieselbe ge- 
blieben ist, und daher auch überall und allezeit unter gleichen 
Verhältnissen dasselbe thun, ebenso handeln wird, wie vor Jahr-
	        
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