im Spiegel der ersten französischen Revolution. 61
die „großen“ Menschenschlächter der jakobinischen Schreckenszeit,
die Robespierre, Marat u. s. w., erfreuen sich ja der bewundern-
den Anerkennung des Herrn Liebknecht. Denn am 13. April 1891
schrieb er in seinem „Vorwärts“, dem amtlichen Parteiblatte,
ihre Schreckenszeit sei „nur in der Form etwas leidenschaft-
licher (1)“ gewesen und schon in seiner 1874 erschienenen Schrift
„Zu Schutz und Trutz“ hatte er herausgefunden, daß diese Edlen
„mit der glühendsten überzeugung die Notwendigkeit sittlichen
Handelns betonten“. Dieses „sittliche Handeln“ bestand im Ab-
schlachten und in der ruchlosesten Ermordung vieler Tausende
von Menschen.
Von selbst reden die Mahnungen und Lehren, welche diese
geschichtlichen Rückblicke und Vergleichungen uns erteilen — uns,
d. h. jedem deutschen Mann und Weib, die ein Herz für ihr
Volk und Vaterland haben!
Wir sahen die alte französische Staatsordnung und Ge-
sellschaft so rasch und jäh zusammenbrechen und zur Beute der
Umsturzmänner werden, weil die damaligen Zustände im höch-
sten Maße verbesserungsbedürftig waren und weil selbst die
kleine Minderheit der damals übermäßig Bevorrechteten aller
Teilnahme und Interessen an der politischen Arbeit sich ent-
wöhnt hatte. Diese Erfahrung predigt uns aufs kräftigste die
Erfüllung unserer Pflichten gegen Staat und Gesellschaft, Recht
und Ordnung. Nur dann, wenn es je denkbar wäre, daß bei
uns die „herrschenden Klassen“: Königtum, Beamtentum, Adel,
Geistlichkeit, Gelehrtenstand, Bürgertum in Stadt und Land,
unser arbeitendes Volk so hartherzig und unchristlich ausbeuten
würden, wie in Frankreich vor 1789 — und nur dann, wenn
diese „herrschenden Stände“, wie in Frankreich vor 1789, jeder
Teilnahme an politischen Dingen entsagt hätten, wäre ein Sieg
unserer roten Umsturzpartei denkbar. Daraus ergibt sich für
uns die doppelte Pflicht: auf den Bahnen der großartigen
sozialpolitischen Gesetzgebung des Deutschen Reiches fortschreitend,
jedem berechtigten Anspruch unserer Arbeiterschaft Ohr und Herz