102 Zweiter Teil: Organisation des Bundes.
§ 95. Wer den Kaiser, seinen Landesherrn oder während seines
Aufenthalts in einem Bundesstaate dessen Landesherrn beleidigt, wird
mit Gefängnis nicht unter 2 Monaten oder mit Festungshaft bis
zu 5 Jahren bestraft.
Neben der Gefängnisstrafe kann auf Verlust der bekleideten öffent-
lichen Aemter, sowie der aus öffentlichen Wahlen hervorgegangenen
Rechte erkannt werden.
§ 98. Wer außer dem Falle des § 94 sich einer Thätlichkeit
gegen einen Bundesfürsten schuldig macht, wird mit Zuchthaus von
1 zu 10 Jahren oder mit Festungshaft von gleicher Dauer
estraft.
Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Festungshaft von
6 Monaten bis zu 10 Jahren ein.
§ 99. Wer außer dem Falle des § 95 einen Bundesfürsten be-
leidigt, wird mit Gefängnis von 1 Monat bis zu 3 Jahren oder mit
Festungshaft von gleicher Dauer bestraft.
Die Verfolgung tritt nur mit Ermächtigung dcs Beleidigten ein.
§ 100. Wer außer dem Falle des § 96 sich einer Thätlichkeit
gegen ein Mitglied eines bundesfürstlichen Hauses oder den Regenten
eines Bundesstaates schuldig macht, wird mit Zuchthaus bis zu 5 Jahren
oder mit Festungshaft von gleicher Dauer bestraft.
Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Festungshaft von
1 Monat bis zu 3 Jahren ein.
§ 101. Wer außer dem Falle des § 97 den Regenten eines
Bundesstaats beleidigt, wird mit Gefängnis von 1 Woche bis zu
2 Jahren oder mit Festungshaft von gleicher Dauer bestraft.
Die Verfolgung tritt nur mit Ermächtigung des Beleidigten ein.
II. Die Regierungsrechte des Kaisers.
Der Kaiser hat das Reich völkerrechtlich zu vertreten (Reichs-Verf.
Art. 11) und zwar sowohl gegenüber dem Auslande als den deutschen
Bundesstaaten, dem Reichsland und den Schutzgebieten gegenüber.
1. In militärischer Beziehung hat er folgende Rechte
und Pflichten.
a) Bezüglich des Landheeres.
Die gesamte Landmacht des Reiches steht im Krieg und mit Aus-
nahme des bayerischen Kontingents, auch im Frieden unter dem Befehl
des Kaisers. Er hat die Pflicht und das Recht, dafür Sorge zu tragen,
daß innerhalb des deutschen Heeres alle Truppenteile vollzählig und
kriegstüchtig vorhanden sind und daß Einheit in der Organisation und
Formation, in Bewaffnung und Kommando, in der Ausbildung der
Mannschaften, sowie in der Qualifikation der Offiziere hergestellt und
erhalten wird. Zu diesem Behufe ist der Kaiser berechtigt, sich jeder-=
zeit durch Inspektionen von der Verfassung der einzelnen Kontingente
zu überzeugen und die Abstellung der dabei vorgefundenen Mängel
anzuordnen. (Verordnungsrecht ohne Gegenzeichnung des Reichs-