Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

120 Zweiter Teil: Organisation des Bundes. 
8 28. Hat sich auf einen Kandidaten die absolute Mehrheit der in 
dem Wahlkreise abgegebenen gültigen Stimmen vereinigt, so wird derselbe 
als gewählt proklamiert. 
Hat sich eine absolute Stimmenmehrheit nicht herausgestellt, so hat der 
Wahlkommissar die Vornahme einer engeren Wahl zu veranlassen (§ 12 des Ges.) 
§ 29. Der Temrmin für die engere Wahl ist von dem 
Wahlkommissar festzusetzen und darf nicht länger hinausgeschoben 
werden, als höchstens 14 Tage nach Ermittelung des Ergebnisses der 
ersten Wahl (§§ 26 u. 27 des Reglements). 
§ 30. Auf die engere Wahl kommen nur diejenigen beiden Kandi- 
daten, welche die meisten Stimmen erhalten haben (§ 12 des Gesetzes). 
Sind auf mehrere Kandidaten gleich viele Stimmen gefallen, so entscheidet 
das Loos, welches durch die Hand des Wahlkommissars gezogen wird, 
darüber, welche beide Kandidaten auf die engere Wahl zu bringen sind. 
(Sten. Bericht 1871, S. 191, 1874 S. 286, 1878 S. 104, 1879 S. 1993). 
In der wegen Vornahme der engeren Wahl nach Vorschrift des § 8 
des Reglements zu erlassenden Bekanntmachung sind die beiden Kandidaten, 
unter denen zu wählen ist, zu benennen, und es ist ausdrücklich darauf hin- 
zuweisen, daß alle auf andere Kandidaten fallenden Stimmen ungültig seien. 
§ 31. Die engere Wahl findet auf denselben Grundlagen und nach 
denselben Vorschriften statt, wie die erste. 
Insbesondere bleiben die Wahlbezirke, die Wahllokale und die Wahl- 
vorsteher unverändert, soweit nicht eine Ersetzung der letzteren oder eine 
Verlegung der Wahllokale nach dem Ermessen der zur Bestimmung hierfür 
nach den 8§§ 6 und 8 des Reglements berufenen Behörden geboten erscheint 
Dergleichen Abänderungen sind nach Vorschrift des § 8 des Regle- 
ments bekannt zu machen, ohne daß jedoch hierfür oder für die rücksichtlich 
der engeren Wahl sonst erforderlichen Bekanntmachungen (8§ 8 und 30 
des Reglements) die dort festgesetzte Frist eingehalten zu werden braucht. 
Auch ist die Bescheinigung darüber, daß die erwähnten Bekannt- 
machungen in ortsüblicher Weise erfolgt sind, nicht auf der Wählerliste zu 
erteilen, sondern von den Gemeindevorständen den Wahlvorstehern noch 
vor dem Wahltermine besonders einzureichen. 
Bei der engeren Wahl sind dieselben Wählerlisten 
anzuwenden, wie bei der ersten Wahlhandlung. Sie sind zu diesem 
Zwecke von den Wahlakten zu trennen und den Wahlvorstehern zuzustellen. 
Eine wiederholte Auslegung und Berichtigung derselben findet nicht statt. 
§ 32. Tritt bei der engeren Wahl Stimmengleichheit ein, so ent- 
scheidet das Loos, welches durch die Hand des Wahlkommissars gezogen wird. 
§ 33. Der Gewählte ist von der auf ihn gefallenen Wahl durch 
den Wahlkommissar in Kenntnis zu setzen und zur Erklärung über die 
Annahme derselben, sowie zum Nachweise, daß er nach § 4 des Gesetzes 
wählbar ist, aufzufordern. 
Annahme unter Protest oder Vorbehalt, sowie das Ausbleiben der Erklä- 
kinng binen 8 Tagen, von der Zustellung der Benachrichtigung gilt als 
ehnung. 
8§34. Lehnt der Gewählte ab oder erklärt der Reichstag die Wahl für un- 
gültig, so hat die zuständige Behörde sofort eine neue Wahl zu veranlassen.
	        
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