VII. Abschnitt: Die Behördenorganisation des Reiches. 165
Dem Reichsjustizamt liegt die Ausarbeitung der Reichsjustizgesetz-
Entwürfe und der zur Ausführung der Justizgesetze erforderlichen Vor-
schriften, sowie die Ueberwachung der Ausführung der Reichsjustiz-Gesetze
und -Verwaltungsvorschriften ob. Auch prüft und begutachtet das Reichs-
justizamt andere Reichsgesetz-Entwürfe vom juristischen Standpunkte aus.
Das Reichsjustizamt führt sodann die Justiz-- und Kriminalstatistik
und endlich das Strafregister derjenigen Personen, deren Geburtsort außer-
halb des Reiches liegt oder nicht zu ermitteln war.
Vom Reichsiustizamt ressortieren:
Das Reichsgericht in Leipzig.
Das Reichsgericht ist mit einem Präsidenten und der erforder-
lichen Anzahl von Senatspräsidenten und Räten besetzt. (8 126.)
Der Präsident, die Senatspräsidenten und Räte werden auf Vor-
schlag des Bundesrats vom Kaiser ernannt.
« Zum Mitgliede des Reichsgerichts kann nur ernannt werden, wer
die Fähigkeit zum Richteramte in einem Bundesstaate erlangt und das
35. Lebensjahr vollendet hat. (§ 127.)
Bei dem Reichsgerichte sind Zivil= und Strassenate gebildet.
Die Zahl derselben bestimmt der Reichskanzler. (8 132.)
Die Zuziehung von Hilfsrichtern ist unzulässig. (§ 134.)
In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten ist das Reichsgericht zuständig
für die Verhandlung und Entscheidung über die Rechtsmittel:
1. der Revision gegen die Endurteile der Oberlandesgerichte;
2. der Beschwerde gegen Entscheidungen der Oberlandesgerichte. (8 135.)
In Strafsachen ist das Reichsgericht zuständig:
1. für die Untersuchung und Entscheidung in erster und letzter Instanz
in den Fällen des Hochverrats und des Landesverrats, insofern
diese Verbrechen gegen den Kaiser oder das Reich gerichtet sind;
2. für die Verhandlung und Entscheidung über die Rechtsmittel der
Revision gegen Urteile der Strafkammern in erster Instanz, insoweit
nicht die Zuständigkeit der Oberlandesgerichte begründet ist, und
gegen Urteile der Schwurgerichte.
In Strafsachen wegen Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften
über die Erhebung öffentlicher in die Reichskasse fließender Abgaben und
Gefälle ist das Reichsgericht auch für die Verhandlung und Entscheidung
über das Rechtsmittel der Revision gegen Urteile der Strafkammern in
der Berufungsinstanz zuständig, sofern die Entscheidung des Reichsgerichts
von der Staasanwaltschaft bei der Einsendung der Akten an das Revisions-
gericht beantragt wird. (§8 136.)
Außerdem erstreckt sich die Zuständigkeit:
1. auf die bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, Konkurssachen und Straf-
sachen, welche ihm durch das Gesetz über die Konsulargerichtsbar-
keit zugewiesen sind;
2. auf die Berufung gegen Entscheidungen des Patentamts im Ver-
fahren wegen Erklärung der Nichtigkeit oder wegen Zurücknahme
eines Patents. (Gesetz vom 7. April 1891, § 3 und 38, S. 89 und
Berordnung vom 6. Dezember 1891 § 12, S. 293):
3. auf die Streitsachen zwischen dem Senat und der Bürgerschaft der
freien und Hansestadt Hamburg, welche ihm durch Art. 71 Ziffer 1