790 Dritter Teil: Die einzelnen Materien des Reichsrechts.
legen ist. In welcher Form dies zu geschehen hat, ist aber nicht vor-
geschrieben.
In Ergänzung dieser Vorschrift ist nun durch Gesetz vom 4. Juli
1868 S. 433, bezw. vom 11. Februar 1875 S. 61 der Rechnungshof
als selbständige und nur dem Kaiser untergeordnete, vom Reichskanzler
aber unabhängige Behörde gebildet worden.
Demselben liegt die oben S. 169 bezeichnete Kontrolle ob, und
zwar hat er sowohl die Prüfung und Feststellung der Geld= und
Naturalrechnungen über Einnahmen und Ausgaben, von Reichsgeldern
aller Art, über Abgang und Zuwachs an Produkten, Materialien und
lenhien Reichseigentum und über die Verwaltung der Reichsschulden
zu besorgen.
11. Kapitel.
Die Entlastung.
Die Revision der Rechnungen darf nicht eben eine formelle und
kalkulatorische sein, sondern es muß geprüft werden, ob die allgemeinen
Grundsätze des Staats-Verwaltungssystems festgehalten, im Geiste der-
selben wirklich administriert, die einzelnen Verwaltungen nach den be-
stehenden Gesetzen, Verordnungen, Instruktionen und Etats gewissenhaft
geführt, Einnahmen und Ausgaben gehörig nachgewiesen und die den
Verwaltungen bewilligten Summen bestimmungsgemäß verwendet worden
sind (Motive).
Die Wirkungen der Entlastung sind diejenigen, welche im Bürger-
lichen Gesetzbuch einer Quittung beigelegt sind.
Die Entlastung kann eine vollständige und unbedingte, oder be-
dingte oder teilweise sein. Die Entlastung kann auch nicht erteilt werden.
S. auch oben S. 786 letzter Abs. des 6. Kapitels.
12. Kapitel.
Der Reichsfiskus.
Das Reich bildet sowohl in öffentlich rechtlicher, als auch in privat-
rechtlicher Beziehung ein in sich abgeschlossenes Ganzes mit eigener
juristischer Persönlichkeit, wie jeder einzelne Bundesstaat. Soweit nicht
einer anderen Behörde die Vertretung zukommt, ist der Reichskanzler
Vertreter des Reichsfiskus.
In öffentlich rechtlicher Beziehung nimmt dieses Vermögenssubjekt
gleich den Einzelstaaten das Recht der Reichs= und Staatssteuerbefreiung
in Anspruch und erfüllt gegenüber den Körperschaften die dingliche Steuer-
und Abgabepflicht auch nur in dem Maße, wie die Einzelstaaten in
ihrem Lande selbst. (Finanzhoheitsrecht. Gesetz vom 25. Mai 1873 § 1 S. 113.)