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sanımtgeschichtsconstruirung ein logisches unding ist, das kein scharfsinn zu vermitteln vermag — und zwar
zunächst im mittelalter weiter gefördert werden? kommen drei hauptpuncte in betraclit: materialiensammlung
einzelforschung darstellung. Letztere, sowohl die gelehrte als die populare, wird durch die beiden ersten be-
dingt. Ueberhaupt wird man bei derselben auf strengere scheidung dessen, was der allgemeinen deutschen
geschichte angehört, und was vorzugsweise bairisch ist, dringen müssen; die gränze dieser scheidung wird in
den verschiedenen zeiträumen durch das iedesmalige engere oder laxere verhältniss zur deutschen central-
regierung bestimmt, wie es sich aus der obigen geschichtseintheilung ergiebt. Die vermischung der allgemeinen
deutschen und der besondern bairischen geschichte hat zur folge gehabt, dass noch bis heute keine scharf
bestimmte und aus den quellen begründete reihe der vorwittelsbachischen herzoge, keine fremdartiges aus-
schliessende übersicht des antheils der Baiern an der deutschen geschichte in den drei ersten iahrhunderten
des reichs existirt. Ueber andere gegenstände der einzelforschung: über Baierns gaue, über seine alten graf-
schaften und gebiete usw. hat Karl Heinrich von Lang sehr zweckmässige grundlinien gezogen, welche aber die
gelehrte ausarbeitung, deren sie bedürften, bis jetzt nur theilweise in Rudharts Aeltester Geschichte Baierns
(bis Pippin und Bonifaz) gefunden haben. Von einzelaufgaben die zur erforschung Baierns gehören sind gedie-
gen bearbeitet:das bairische wörterbuch durch Schıneller *), die historische chartirung durch Spruner, und die
topische geographie durch Walther. Aber nicht einmal eine gute übersichtscarte besitzt Baiern **)! Doch es
ist meine absicht nicht, gerade diesen gegenstand hier auszuführen. Indem ich im allgemeinen auf Langs rai-
sonnirende abhandlung über die bairische geschichtsliteratur im Hermes von 1827 band 29 s. 1—65 und 181—
228, so wie auf die literarischen angaben, mit denen Contzen seine Geschichte von Baiern eröffnet, verweise,
wende ich mich zum quellenmaterial, das zunächst aus den bibliotheken und archiven zu vervollständigen ist.
Das reichhaltigste handschriftenmaterial für die geschichtschreiber findet sich ietzt ohne zweifel auf der
hof- und staatsbibliothek zu München, in welcher die bibliotheken der vielen aufgehobenen klüster vereinigt
wurden. Hier bestelıt aber der grosse übelstand, dass nur von den griechischen handschriften, die mit der
vaterlandskunde in keinem bezug stehen, ein gedrucktes verzeichniss existirt, welches bereits in den jahren
1806 bis 1812 erschien, während von den übrigen handschriften ein solches fehlt, und so viel mir bekannt, nicht.
einmal geschrieben nach demselben plane alles umfassend in reinschrift vorhanden ist **)} Wie mochte man
doch für die katalogisirung der handschriften, dort wo durch Scherer im übrigen alles so praktisch geordnet
war, eine so unpraktißche methode befolgen, wie dieienige, nach der zuletzt ein sonst höchst tüchtiger und fleis-
siger gelehrter über zwanzig jahre lang gearbeitet hat, ohne wie es scheint zu einem abschluss zu gelangen ?
*) Das wörterbuch eines ieden volksstammes, wenn nicht unbedingt die nationalste wissenschaftsaufgabe fur den-
selben, steht doch wenigstens keiner andern nach. Aber wie schwer ist cs, den mann für eine solche aufgabe zu finden!
Welche vorkenntnisse, welche befähigung, welche ausdauer setzt die lösung derselben voraus! In Baiern braucht sic-
nicht weiter gesucht zu werden: sie ist in Schmellers Bairischem \WVörterbuch (Stuttgart 1827—1837. 8. 1—4.) gegeben,
in einer trefllichkeit wie sie kein anderer deutscher volksstamm für seine mundart besitzt, aber dennoch für die meisten
— nicht vorhanden; denn dieses wörterbuch, an dem die verlagsbuchhandlung höchst wahrscheinlich cher verloren als
„gewonnen hat, kostet über zwölf thaler. Sollte die ergänzung eines solchen werkes mit dem was der verfasser noch
nachträglich bis zu seinem tode gesammelt hat, und die verwohlfeilerung desselben, wovon die verbreitung abhängt, was
beides mit schr mässigem aufwand zu erwirken wäre, nichtzuden öffentlichen staatszwecken gerechnet werden dürfen? Wie
könnte ein land des werthes eines seiner bürger sich rüähmen, und zugleich gleichgültig scin gegen das waser vollbrachte?
**) Die grosse carte im massstab von 1:50000 in 112 blättern schon 1812 begonnen ist noch iminer nicht fertigl
Die 1853 erschienene terraincarte 1:125000 in 15 blatt scheint mir ein verfehltes unternehmen. \Vann wird das rechts-
rheinische königreich eine carte erhalten wie die der RheinPfalz von 1:150000, oder die Mittnachtische von Wirtenberg
von 1:200000? Steindruck und galvanoplastik gestatten doch ietzt dergleichen unentbehrliche behelfe durch billige preise
zum gcemeingut zu machen.
*##) In der Allgemeinen Auskunft über die königliche Hof- und Staats-Bibliothek zu München (ausgabe von 1846
seite 17) heisst es: ‚Ist dic frage von handschriften, so kann eine bibliothek nicht allenfalls, wie bei gedruckten büchern,
auf allgemeinere bibliographische und literar-historische hülfsmittel verweisen. Sie muss dem literator aus ihren eigenen
catalogen rede stehen. (Schr richtig!) Es sind zur zeit über alle abtheilungen dieses betreffes cataloge vorhanden; aber
nicht alle sind ausführlich beschreibende; einige sind vorerst nur summarische, die in der form der oben erwähnten
nummernrepcrtorien den bestand fixiren und controlliren.« Demnach, wie es scheint, nicht genügen um dem literator rede
zu stehen, was doch wahrlich schr übel ist, indem die bibliothek nun dasienige nicht leistet, was sie, wie cs vorher
schneidend genug heisst, leisten »muss«.